Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch warnte die Pressesprecherin des Weißen Hauses Jen Psaki in der US-Hauptstadt Washington, D.C. erneut, dass Russland angeblich einen "Angriff" mit chemischen oder biologischen Waffen auf die Ukraine planen könnte:
"Wir sollten alle auf der Hut sein", meinte sie.
Die neuerliche Welle unbegründeter Behauptungen von Vertretern einzelner NATO-Bündnisstaaten, ein russischer Angriff – womöglich unter falscher Flagge – würde angeblich kurz bevorstehen, ist vermutlich eine Desinformationskampagne als Entgegnung des Westens auf die neuesten Enthüllungen des russischen Verteidigungsministeriums, die bereits früher existierende Gerüchte über ein geheimes, von den USA in der Ukraine betriebenes Bioforschungsprogramm nun belegen konnten.
In der Zwischenzeit wurde die Existenz dieser Biolabore im US-Auftrag sogar durch die Staatssekretärin im US-Außenministerium für politische Angelegenheiten Victoria Nuland bestätigt. Doch entgegen allen vorliegenden Beweisen bezeichnete Psaki diese Enthüllung mutmaßlicher US-Bio- und Chemiewaffen-Labore in der Ukraine erneut als "absurd" und bezichtigte vielmehr Russland, sich mit den Enthüllungen "eines offensichtlichen Tricks" zu bedienen, um "weitere vorsätzliche, unprovozierte Angriffe zu rechtfertigen".
Auch andere westliche Beamte hätten ja einem BBC-Bericht zufolge Befürchtungen über eine vermeintlich bevorstehende "biochemische Attacke" Russlands geäußert. So sollen diese gegenüber der BBC erklärt haben, sie seien angeblich "sehr besorgt" über das Risiko einer möglichen Eskalation des Krieges und insbesondere über die Möglichkeit, dass Russland nichtkonventionelle Waffen (laut Definition: chemische Waffen, taktische Atomwaffen, biologische Waffen und "schmutzige" Bomben) einsetzen könne.
"Wir haben guten Grund, besorgt zu sein", sagte ein westlicher Beamter am Donnerstag der BBC. Demnach sei die Sorge auf die in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen mit Russlands Verbündeten in anderen Ländern, insbesondere in Syrien, zurückzuführen, wo angeblich chemische Waffen von ihnen eingesetzt worden wären. So verwies auch dieser Beamte wiederum auf die am Vorabend durch Jen Psaki erfolgten Anschuldigungen, Russland würde einen "biochemischen Angriff" in der Ukraine planen:
"Frau Psaki sagte: 'Wir sollten alle auf der Hut sein, dass Russland möglicherweise chemische oder biologische Waffen in der Ukraine einsetzt oder eine Operation unter falscher Flagge durchführt' – das ist ein klares Muster."
Zuvor hatte das britische Verteidigungsministerium am Mittwoch in einem Tweet auf Twitter behauptet, Russland habe in der Ukraine Raketenwerfer mit thermobaren Sprengköpfen eingesetzt. Diese Sprengköpfe werden auch als Aerosol- oder Vakuumbomben bezeichnet, da sie Sauerstoff aus der Umgebungsluft absaugen und eine Hochtemperatur-Explosion erzeugen, was verheerende Auswirkungen auf die im Explosionsradius befindlichen Menschen hat.
In einem späteren Tweet erklärte das Verteidigungsministerium Großbritanniens, es sei wahrscheinlich, dass "erfahrene Söldner" privater russischer Militärunternehmen, die mit dem Kreml verbunden seien, in der Ukraine kämpfen. Diesen wird laut britischem Verteidigungsministerium vorgeworfen, bereits früher Menschenrechtsverletzungen in Afrika und dem Nahen Osten, insbesondere in Syrien, Libyen und der Zentralafrikanischen Republik, begangen zu haben.
In den vergangenen Tagen hatte auch Russland mehrfach vor ähnlichen, in diesem Falle von der Ukraine geplanten Angriffen unter falscher Flagge gewarnt. Demnach plane die Ukraine den Bau einer sogenannten schmutzigen Bombe, bei deren Einsatz radioaktives Material freigesetzt werden würde. Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im Februar auch angedeutet, über den Bau eigener Atombomben in der Ukraine nachzudenken.
Als chemische Waffen werden laut der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW), deren Aufgabe es ist, die Einhaltung des Chemiewaffenübereinkommens zu überwachen, solche Chemikalien als Waffen eingesetzt beschrieben, die aufgrund ihrer toxischen Eigenschaften vorsätzlich Tod oder Schaden verursachen.
Unabhängig von einem gültigen militärischen Ziel verbietet das Völkerrecht den Einsatz chemischer Waffen, da ihre Wirkung von Natur aus wahllos ist und darauf abzielt, überflüssige Verletzungen und unnötiges Leid zu verursachen.
Mehr zum Thema - Die Gefahr ist real: Stationierung von Atomwaffen in der Ukraine seit 2015 gesetzlich möglich