von Maria Müller
Der Nord-Krim-Kanal füllte sich in den letzten Februartagen wieder mit Wasser, nachdem russische Truppen die Kontrolle über das Gebiet übernommen hatten. Sie öffneten den Damm, mit dem die Ukraine seit 2014 den Nord-Krim-Kanal gesperrt und damit über zwei Millionen Menschen das Trinkwasser verweigert hatte.
Der Kanal verbindet die Halbinsel mit dem Flussbett des Dnjepr und deckt seit den 1960er- und 1970er-Jahren 85 Prozent des Trinkwasserbedarfs der Krim. Auch die Landwirtschaft konnte ihren Bedarf durch Bewässerungssysteme in trockenen Monaten ausgleichen.
Die Quelle des Dnjepr liegt in der russischen Region Smolensk. Rechtlich gesehen ist der Dnjepr also ein internationaler grenzüberschreitender Fluss, der allen Anrainerstaaten frei zur Verfügung stehen muss. Die ukrainische Regierung konnte den humanitären Rechtsbruch gegen die Krim-Bevölkerung seit acht Jahren unbehelligt durchführen. Weder UNO noch UNESCO oder irgendeine Menschenrechtsorganisation kritisierten oder sanktionierten bisher das Regime in Kiew.
Der Wasserentzug war von Anfang an ein politisches Druckmittel gegen die Krim-Bevölkerung, nachdem sie 2014 in einer Volksabstimmung mit 95,7 Prozent für eine Zugehörigkeit zur Russischen Föderation gestimmt und sich von der Ukraine losgesagt hatte. Bis heute steht die Bevölkerung ganz überwiegend hinter dieser Entscheidung.
Doch auch im Osten des Landes setzte das ukrainische Militär seit 2014 die Zerstörung der Wasserversorgung gegen die Autonomiebestrebungen von Donezk und Lugansk als Waffe gegen die eigene Bevölkerung ein. Durch gezielte Bombardierungen von Trinkwasseranlagen und Elektrizitätswerken wurden seit 2014 Tausende von Zivilisten von der Wasserlieferung abgeschnitten, die nur notdürftig versorgt werden konnten. Nach den damaligen UNICEF-Angaben vom Juli 2015 befanden sich durch diese akute Trinkwassernot 1,3 Millionen Erwachsene und Kinder in großer Gefahr.
Zusätzlich zu den Zerstörungen der Anlagen zur Wasserversorgung wurde auf Anordnung des Regimes in Kiew in einigen Land- und Stadtbezirken von Lugansk das Wasser regelrecht abgedreht. Dort hatten nach einem UNICEF-Bericht zeitweise mehr als 470.000 Menschen, darunter 118.000 Kinder, keinen direkten Zugang zu Trinkwasser.
Auch wenn die neuen Volksrepubliken seitdem lernten, mit immer wieder erneut beschädigten Versorgungsnetzen zu überleben, hat die Krim damit schwer zu kämpfen. Ein Austrocknen von landwirtschaftlichen Nutzungsflächen war die Folge, die Bevölkerung muss sich vor allem in trockenen Sommermonaten mit Tankwagen behelfen. In den Städten wird das Wasser in der heißen Jahreszeit oft rationalisiert. Brunnenbohrungen brachten keine Lösung und führten zum Versalzen der Gebiete. Moskau will Wasserverbindungen zu den Flüssen Don und Kuban erbauen, die bis 2024 fertiggestellt sein sollen.
Zugang zu Wasser ist ein internationales Recht
Das künstliche Herbeiführen von Wassermangel gilt als schwerer Verstoß gegen die Menschenrechte. Am 28. Juli 2010 hat die Vollversammlung der UNO den Zugang zu sauberem Wasser als ein Menschenrecht deklariert.
Auch die Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) besagen, dass selbst im Ausnahmezustand oder in Krisensituationen das Vorenthalten von Trinkwasser grundsätzlich verboten ist. Zudem ist der absichtliche Wasserentzug auch ein schwerer Verstoß gegen die Genfer Konvention und die Zusatzprotokolle von 1977 zum Schutz der Zivilbevölkerung bei innerstaatlichen, bewaffneten Konflikten.
Das Regime der Ukraine konnte in den vergangenen acht Jahren solche schwerwiegenden Verstöße gegen das humanitäre Recht problemlos begehen. In den westlichen Medien wurden die Dinge weitgehend verschwiegen oder vereinzelt mit unverhohlener Schadenfreude kommentiert. Tatsächlich aber machten sich die Regierungen der NATO-Staaten in den vergangenen acht Jahren mitschuldig an Menschen- und Völkerrechtsverletzungen. Im Gefolge ihrer massiven militärischen Aufrüstung des ukrainischen Militärs sind sie auch verantwortlich für dessen damit verbundenen Handlungen.
Von der ukrainischen Armee wurden unsägliche Kriegsverbrechen gegen die eigene Zivilbevölkerung im Donbass begangen. Ihre Bombardements mit Militärflugzeugen und schwerer Artillerie von Schulen, Krankenhäusern, Wohnsiedlungen, Elektrizitäts- und Wasserwerken in Donezk und Lugansk, bei denen über 12.000 Zivilisten den Tod fanden, sind eindeutige Kriegsverbrechen. Sie sind zum Großteil der ukrainischen Armee zuzuordnen und in diesem Ausmaß durch keine militärische Notwendigkeit zu rechtfertigen. Das ist bekannt und belegt.
Gedachte die EU-Kommission, das Europaparlament oder der Internationale Gerichtshof in Den Haag jemals der Toten im Donbass und brachte die Tausende von Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch das ukrainische Regime zur Sprache? Wurden jemals deswegen Sanktionen gegen Petro Poroschenko, Wladimir Selenskij oder die ukrainische Armeeführung verhängt?
Nein, ganz im Gegenteil! Sie wurden von allen NATO-Regierungen faktisch zum Weitermachen ermutigt.
Wenn ein normatives System, das als Regulierungsinstrument für interne und internationale Konflikte gedacht war, systematisch außer Kraft gesetzt wird, sind irgendwann gravierende Folgen eine logische Konsequenz.
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