Journalistenverband: DW-Verbot ist Zensur, aber RT DE-Sendestopp nicht

Während der Beschluss deutscher Behörden, RT DE an der Ausstrahlung seines Programmes zu hindern, keine Zensur sei, verurteilte eine der größten deutschen Journalistenorganisationen die Vergeltungsmaßnahmen Russlands als genau das – Zensur.

Der Deutsche Journalistenverband (DJV) hat in einer Presseerklärung am Donnerstag gefordert, die Schließung der Deutschen Welle in Russland "sofort" zurückzunehmen. Zudem verlangt der Verband, allen Journalisten des deutschen Auslandssenders die von Moskau zurückgezogene Akkreditierung wieder zu verleihen. Der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall erklärte:

"Es gibt keinerlei Rechtfertigung für diese drastische Zensurmaßnahme."

Das russische Maßnahmenpaket gegen die Blockade von RT DE in Deutschland bezeichnete er als "billige Retourkutsche", denn die Deutsche Welle sei, im Gegensatz zu RT DE, "unabhängiger" und "kritischer" Journalismus.

Überall forderte die Bundesregierung auf, gegen die angebliche "Schikane" einen "deutlichen und unüberhörbaren Protest" einzulegen. Die regierende Ampel-Koalition stehe in der Verantwortung für den deutschen Auslandssender sowie dessen Beschäftigten. "Das muss Moskau unverzüglich klargemacht werden", so Überall.

Hendrik Zörner, Pressesprecher des Journalistenverbandes, verteidigte in einem separaten Kommentar, der am gleichen Tag veröffentlicht wurde, den von den deutschen Regulierungsbehörden verhängten Sendestopp für RT DE. In dieser Erklärung, die noch vor Bekanntwerden der jüngsten Maßnahmen Moskaus verfasst wurde, wirft der DJV-Sprecher dem russischen Ministerium bei seiner Reaktion auf die Entscheidung der deutschen Behörden "Kriegsrhetorik" vor. Sowohl die Androhung als auch die Nutzung des Begriffs "Vergeltungsmaßnahmen" seien "völlig inakzeptabel". Die "militärische Aufrüstung" Russlands setzte sich in der Sprache der russischen Behörden fort. Das kommentierte Zörner empört: "Das an sich ist schlimm genug".

Das Sendeverbot für RT DE verteidigte Zörner mit der spitzfindigen Charakterisierung der Medienanstalt Berlin-Brandenburg nicht als staatliche Behörde, sondern als eine "unabhängige Medienaufsicht". Diese Unterscheidung sei möglicherweise den russischen Verantwortlichen nicht bekannt. RT DE könne ja, so der Pressesprecher, gegen diese Entscheidung klagen.

Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, der die andere große deutsche Journalistenorganisation, die Deutsche Journalistenunion (DJU) angehört, kritisierte die russischen Vergeltungsmaßnahmen. Verdi protestiere scharf gegen die Schließung des Büros der Deutschen Welle und das gegen den Sender verhängte Sendeverbot, erklärte die Gewerkschaft in einer Pressemitteilung. Christoph Schmitz, der im Verdi-Bundesvorstand den Bereich Medien betreut, sprach von einem "klaren Angriff auf die Pressefreiheit in einem Land, das Meinungsfreiheit und demokratische Opposition auch gewaltsam" unterdrücke. Die Entscheidung der russischen Behörden sei nicht akzeptabel. Der Gewerkschafter forderte Bundeskanzler Olaf Scholz auf, dagegen Druck auszuüben.

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