Trotz der zu Jahresbeginn weiterhin hohen Inflation will die Europäische Zentralbank (EZB) weiter an ihrem Kurs festhalten. Bei der ersten geldpolitischen Sitzung des Jahres bestätigte die EZB den Leitzins im Euroraum auf einem Rekordtief von 0,0 Prozent. Zugleich drohen den Finanzinstituten weiterhin Strafzinsen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank parken. Der dafür gültige Einlagesatz beträgt weiterhin minus 0,5 Prozent. Auch an den milliardenschweren Anlagekäufen will man festhalten, wie die EZB am Mittwoch in Frankfurt mitteilte.
Das Festhalten an der lockeren Geldpolitik kommt nun zu einer Zeit, in der der Druck auf die EZB weiter zunimmt. Die Inflation im EU-Raum stieg zuletzt im Januar mit einem Rekordwert von 5,1 Prozent. Die EZB gerät damit in Erklärungsnöte, da sie immer wieder bekräftigt hatte, dass die Inflationsraten 2022 allmählich sinken werden, auch wenn man damit rechnen müsse, dass dies etwas länger dauern könne. Erst vor zwei Wochen erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde, es gebe keine Anzeichen für eine gefährliche Lohn-Preis-Spirale, durch die die Inflationsentwicklung außer Kontrolle geraten könne:
"Im Gegenteil: Wir gehen davon aus, dass sich die Energiepreise im Laufe des Jahres 2022 stabilisieren werden (...), und dann werden die Inflationsraten allmählich zurückgehen."
Die hohe Teuerungsrate macht den Verbrauchern Sorge, da dadurch ihre Kaufkraft geschwächt wird. Kritiker werfen der EZB vor, mit ihrer seit Jahren ultralockeren Geldpolitik inklusive milliardenschwerer Anleihenkäufe die Inflation noch anzuheizen. Mit Blick auf die erwarteten neuen Prognosen der Notenbank zur Entwicklung für Kaufkraft und Inflation hatte Lagarde einer baldigen Zinserhöhung wiederholt eine Absage erteilt. Sie erklärte:
"Wir werden handeln, sobald die Kriterien erfüllt sind, aber im Moment sind sie nicht erfüllt."
Die Notenbank strebt für den Währungsraum ein stabiles Preisniveau bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent an. Es wird jedoch akzeptiert, wenn die Zielmarke zeitweise über- oder unterschritten wird.
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