Russland vermisst eindeutige OSZE-Reaktion auf Attacken gegen Journalisten in Kasachstan

Maria Sacharowa hat sich wegen gezielter Angriffe auf Journalisten während der Unruhen in Kasachstan besorgt gezeigt. In diesem Zusammenhang kritisiert die russische Außenamtssprecherin das Schweigen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa.

Vor dem Hintergrund der gewaltsamen Unruhen in Kasachstan weist die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, auf gezielte Attacken gegen Journalisten hin. Sie zeigt sich besorgt über die Verwüstungen mehrerer Redaktionen in der ehemaligen Sowjetrepublik. Ziel der Übergriffe sei gewesen, den Zugriff auf objektive Informationen über das Ausmaß des angeblich friedlichen Protests zu erschweren.

Die russische Diplomatin führt in ihrem auf Telegra.ph veröffentlichten Artikel mehrere Beispiele solcher Aggressionen an, die Medienschaffende während der Unruhen im zentralasiatischen Land erlitten haben sollen. So sei am 5. Januar das Büro des internationalen Radio- und Fernsehsenders Mir in Almaty überfallen worden. Die etwa 500 Angreifer seien mit Beilen und Brandflaschen bewaffnet gewesen. Sie hätten auch Werkzeuge mitgenommen, um Fenstergitter zu durchtrennen. Anschließend hätten die Angreifer das Büro verwüstet, Heizkörper herausgerissen und sämtliche Fernsehausrüstung zerstört. Das Gebäude sei dann in Brand gesetzt worden.         

"Ein merkwürdiges Detail: Die Täter hatten Bündelfunkgeräte mit, da sie sich offenbar darüber klar waren, dass die Telekommunikation abgeschaltet werden könnte. Daraus könnte man schließen, dass die Täter nach einem Plan agierten, gut vorbereitet waren und organisiert handelten."

Zudem sollen die Angreifer die Büros der Fernsehsender Kasachstan, Chabar, Eurasien, KTK und der Agentur Sputnik Kasachstan praktisch zerstört haben. Zum Zeitpunkt des Angriffs hätten sich im Gebäude mehrere Mir-Mitarbeiter befunden: Journalisten, Produzenten, Kameraleute und Ingenieure. Eine Zeit lang seien sie im Gebäude eingesperrt gewesen, und man habe sie nur mit Mühe in Sicherheit gebracht. Momentan seien alle wohlauf. Ein Korrespondent der Agentur Sputnik soll dabei etwas weniger Glück gehabt haben: Die Randalierer hätten ihn eine Stunde lang in ihrer Gewalt gehalten. Dem Journalisten sei es aber letztendlich gelungen, ihnen zu entfliehen. Auch ein Mitarbeiter des Fernsehsenders Kasachstan sei zu Schaden gekommen.

In diesem Zusammenhang kritisiert Sacharowa das Schweigen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und anderer internationaler Menschenrechtsorganisationen über solche Akte des Vandalismus in Kasachstan, wobei es sich um eine schwere Verletzung der Rechte von Journalisten und um Attacken auf deren Leben handele. Die OSZE-Beauftragte für die Freiheit der Medien, Teresa Ribeiro, habe lediglich zwei Tweets über tödliche Angriffe auf Journalisten in Kasachstan veröffentlicht, ohne darin die Attacke auf das Büro von Mir zu erwähnen.

"Verstehen wir es richtig, dass ein Journalist sterben muss, damit Frau Ribeiro einen Tweet springen lässt? Es stellt sich wie von selbst die Frage, wozu wir als OSZE-Teilnehmer einschließlich Kasachstans Millionen US-Dollar für den Haushalt der Organisation, darunter für den Schutz der Freiheiten von Journalisten, zahlen, wenn diese Organisation in dem für die Journalisten in Kasachstan kritischen Moment nichts tut?"

In ihrem Artikel schreibt die Sprecherin des russischen Außenministeriums, dass die OSZE bedauerlicherweise jede Objektivität und Unvoreingenommenheit vermissen lasse: Wenn eine Webseite gesperrt werde, reagiere die Organisation hysterisch. Wenn jedoch eine Redaktion verwüstet, in Brand gesetzt und überflutet werde, bleibe eine Reaktion aus. Aber an einigen der vielen Termine zum Gedenken an die Medienfreiheit halte der OSZE-Sonderbeauftragte einen runden Tisch ab, verteile Bildhefte und händige USB-Sticks mit dem Logo der Organisation aus.

"Solche Missachtung der Pflichten, solche Funktionsstörung und solche Inkompetenz führen zu äußerst bedauerlichen Folgen. Sie zerrütten immer mehr das Ansehen der OSZE und deren Exekutivorgane und können auch freilich von Randalierern und Plünderern als die schweigsame Zustimmung der internationalen Gemeinschaft für die Missetaten interpretiert werden, die gegen Medien und Journalisten verübt werden."

Sacharowa verurteilt auch das Konzept der sogenannten stillen Diplomatie der OSZE, wonach man Probleme der Pressefreiheit nicht lautstark behandele. Der russischen Diplomatin zufolge tue die OSZE kaum etwas, um solche Probleme zu lösen. Sie mache im Grunde sie nichts anderes, als verleumderische Berichte zu verfassen, die auf Daten beruhen, die ihr vom "Big Brother" über die NGOs zugespielt wurden. 

Die gewaltsamen Massenproteste hatten sich vor ungefähr einer Woche an rasch gestiegenen Gaspreisen entzündet. Protestierende stürmten Verwaltungsgebäude in mehreren Städten, es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei. Ungefähr 1.000 Menschen sollen Verletzungen erlitten haben. Das kasachische Innenministerium sprach zuletzt von mindestens 16 getöteten Sicherheitskräften.

Die Regierung hat daraufhin Antiterroroperationen veranlasst und bis zum 19. Januar landesweit den Ausnahmezustand ausgerufen. Präsident Qassym-Schomart Toqajew bat auch die OVKS um Unterstützung. Russland, Kirgisistan, Armenien, Weißrussland und Tadschikistan haben darauf Armeeangehörige in die ehemalige Sowjetrepublik entsendet, die insbesondere die Verwaltungsgebäude und diplomatischen Vertretungen schützen sollen.

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