EU-Behörde und von der Leyen verweigern Auskunft über Pfizer-SMS-Deal

Die Europäische Kommission und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen möchten weiterhin mögliche Absprachen mit dem Pharmakonzern nicht der Öffentlichkeit preisgeben. Es geht um mögliche Details zum Impfstoffdeal mit Pfizer im Jahr 2020.

Im April dieses Jahres veröffentlichte die New York Times einen Artikel, der für wenig Begeisterung bei der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gesorgt haben wird. Die Überschrift lautete: "Wie Europa einen Pfizer-Impfstoff-Deal mit SMS-Texten und Anrufen besiegelte".

Das US-Blatt berichtete über einen erstaunlichen Vorgang, ausgehend von einem Deal zwischen dem Pharmariesen Pfizer und der Europäischen Kommission. Der Verhandlungsinhalt: 1,8 Milliarden Dosen von Pfizer-BioNTech. Vereinbart wurde ein Milliardengeschäft für den sich anbahnenden und dringend benötigten Impfstoff. Besonders pikant: Das Geschäft wurde laut New York Times-Recherchen über den kurzen Dienstweg in Anrufen und Text-Nachrichten direkt zwischen Ursula von der Leyen und Albert Bourla vorbereitet, eingeleitet und finalisiert.

Demnach habe sich Ursula von der Leyen mit Pfizer-Chef Albert Bourla auf diesem eher unkonventionellen Weg intensiv ausgetauscht. Dabei könnten die Messenger-Dienste Signal oder WhatsApp zum Einsatz gekommen sein. Die New York Times berichtet: "Während beide miteinander sprachen, wurden zwei Dinge klar: Pfizer könnte der EU-Kommission eine deutlich höhere Anzahl von Impfdosen anbieten. Und die Europäische Union wäre bereit, das Angebot anzunehmen."

Mit dem BioNTech-Impfstoff Comirnaty machte schlussendlich das Konsortium aus Pfizer und der deutschen Firma BioNTech tatsächlich das begehrte Rennen und wurde damit zum wichtigsten Impfstofflieferanten der EU. Weiterhin vollkommen unbekannt bleiben jedoch die Details des Deals, zum Beispiel die genauen Preise für die Impfstofflieferung und welche Länder bei der Lieferung bevorzugt wurden.

Netzpolitik.org wollte bereits im Sommer Näheres erfragen: "Anträge auf Offenlegung werden abgeschmettert: Nicht nur die Verträge, selbst die Anbahnung des Geschäfts bleibt im Dunklen. Eine Informationsfreiheitsanfrage von netzpolitik.org zu den Nachrichten zwischen Kommissionschefin von der Leyen und Pfizer-Chef Bourla lehnte die EU-Kommission bereits im Juli ab: 'Es konnten keine Dokumente gefunden werden, die in den Geltungsbereich Ihrer Anfrage fallen', heißt es in der Antwort der Generalsekretärin der Kommission, Ilze Juhansone."

Es folgten mehrere konkrete Anfragen an das Büro von der Leyens. "Dieses habe wiederholt bekräftigt, dass es keine Dokumente gebe, die 'die für die Registrierung (im Archiv) erforderlichen Kriterien erfüllen'", so Netzpolitik.org in einem aktuellen Artikel. Der Artikel resümiert:

"Mit dieser nebulösen Antwort entzieht sich die Kommission neuerlich der Frage, ob es den direkten Nachrichtenaustausch zwischen Bourla und von der Leyen überhaupt gab – und wenn ja, was drinstand."

Ein möglicher Grund für die Zurückhaltung könnte sein, dass von der Leyen und ihr Team rechtliche Folgen fürchten.

"Geben sie zu, dass die Nachrichten noch auf dem Handy der Kommissionschefin liegen, oder dort gelöscht wurden, macht sie das womöglich für Klagen angreifbar."

Für seine Geschäfte mit Pfizer hat die Kommission mittlerweile, wie bei Verträgen mit anderen Herstellern, eine Vorvereinbarung und einen Kaufvertrag offengelegt und veröffentlicht. Darin sind allerdings wesentliche Details wie der Lieferpreis und Haftungsfragen geschwärzt.

Eine aktuelle Antwort der EU-Kommission an die EU-Ombudsfrau Emily O’Reilly wurde nun von netzpolitik.org veröffentlicht. Aus dieser geht hervor, dass die Europäische Kommission auch weiterhin mögliche Absprachen zwischen Ursula von der Leyen und dem Pharmariesen Pfizer nicht transparent machen möchte. Es handelt sich um die Ergebnisse eines Meetings zwischen dem Untersuchungsteam des Europäischen Bürgerbeauftragten und Vertretern der Europäischen Kommission.

Zweck des Treffens war es, dass das Untersuchungsteam des Bürgerbeauftragten weitere Informationen über den Fall der praktizierenden Politik der Kommission "zur Aufbewahrung von Aufzeichnungen über Texte" erhält.

"Bereits in früheren Antworten auf Informationsfreiheitsanfragen hatte die Kommission erklärt, Kurznachrichten würden nur 'in außergewöhnlichen Umständen' als Dokumente gelten – ohne allerdings klarzustellen, wie solche Umstände aussehen könnten."

In dem Artikel von Netzpolitik.org heißt es daher: "Ombudsfrau O’Reilly schrieb in ihrer Antwort auf eine Beschwerde der Transparenz-NGO FragdenStaat.de, es sei klar, dass Messenger-Apps und SMS für die professionelle Kommunikation genutzt werden, auch für wichtige Angelegenheiten. 'Wenn der Inhalt dieser Nachrichten jedoch nicht von der Institution aufbewahrt und gespeichert wird, kann die Öffentlichkeit niemals darauf zugreifen.'"

Ob die Kommission nun auf den öffentlichen Druck reagiert und künftig SMS systematisch archivieren wird, ist nach den Ergebnissen des letzten Meetings völlig offen. Immerhin, so Netzpolitik.org, kündigte vor einigen Tagen EU-Kommissionsvizepräsidentin Věra Jourová an, dass ihre Beamten an neuen Regeln für den Dokumentenzugang arbeiten. Was das für die Archivierung von Nachrichten, wie jene zwischen von der Leyen und Bourla, in denen milliardenschwere Impfstoffkäufe angebahnt wurden, zukünftig bedeutet, ließ Jourová jedoch offen.

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