Der RT-Korrespondent Konstantin Pridybaylo hat im Rahmen der russischen Internet-Sendung Soloviov Live über die Lage der Flüchtlinge an der weißrussisch-polnischen Grenze berichtet. Der Reporter gab Flüchtlingen aus dem Irak und Syrien, die sich auf Englisch verständigen können, das Wort.
Einer der Flüchtlinge beklagte sich, dass er hungrig sei und nichts zu trinken habe. Ein anderer zeigte auf seinem Telefon ein Bild seiner Familie und bat um Hilfe. Er beklagte, die letzte Nacht sei sehr schwierig gewesen.
Pridybaylo erzählte, dass die Menschen in dem Flüchtlingslager an der weißrussisch-polnischen Grenze in Schlafsäcken direkt auf der Erde schlafen. Außerdem zeigte er eine größere Gruppe von Kindern und widersprach damit Äußerungen polnischer Politiker, dass nur Erwachsene an der Grenze seien.
Das Lager selbst befinde sich, wie Pridybaylo zeigte, nur wenige Meter vom Grenzzaun entfernt, der Weißrussland von Polen trennt. Weniger als hundert Meter vom Lager entfernt befinden sich Militärfahrzeuge und -maschinen, darunter hell blinkende Signallichter, die die Nachtruhe der Menschen störten. Möglicherweise seien auf der polnischen Seite der Grenze auch Wasserwerfer stationiert. Pridybaylo sagte:
"Wahrscheinlich ist das ein Wasserwerfer. Heute Nacht waren es minus drei Grad. Nach allen europäischen, ja internationalen Normen darf man einen Wasserwerfer nur bis zu einer Temperatur von plus sieben Grad verwenden, aber nicht darunter."
Den weißrussischen Grenzern zufolge befinden sich in diesem Lager zwischen 2.500 und 2.700 Flüchtlinge. Pridybaylo berichtete, dass die Flüchtlinge an zahlreichen Orten improvisierte Hütten aus Zweigen und Ästen bauen. Die meisten von ihnen wollen weiter nach Deutschland. Pridybaylo teilte mit:
"Sie sehen hier, wie sie Feuer machen und zu überleben versuchen, wie es gerade geht. Ihr größter Traum ist es, nach Deutschland durchzukommen. Wie das geht, ist ihnen ganz egal."
Entgegen der polnischen Information, dass sich in den weißrussischen Lagern zahlreiche Kriminelle aufhalten, verweist Pridybaylo auf die große Anzahl von Kindern und stellt fest, dass die Atmosphäre im Lager im Allgemeinen nicht aggressiv ist und die Menschen versuchen, sich gegenseitig zu helfen. In einem behelfsmäßigen Kindergarten beschreibt er die Situation folgendermaßen:
"Zweifellos herrscht hier das Kurdische als Sprache vor. In der Hauptsache halten sich hier Kurden auf, die absolut nicht aggressiv sind. Die, mit denen ich mich unterhalten konnte, nachdem sie aufgewacht waren, brauchen einfach Hilfe, sie brauchen jetzt etwas zu essen und zu trinken. Sie wollen nach Deutschland."
Ebenfalls berichtete Pridybaylo von der polnischen Seite der Grenze. Er weist darauf hin, dass sich dort keine regulären Grenzschützer, sondern das polnische Militär aufhielten und schildert den psychologischen Druck, der auf den Flüchtlingen lastet. Beispielsweise erhalten diese auf ihre Handys Textnachrichten, wenn diese sich mit dem polnischen Mobilfunknetz verbinden. Darin werden sie aufgefordert, zurück nach Hause zu gehen und keine Medikamente von weißrussischen Grenzbeamten anzunehmen. Darüber hinaus setze das polnische Militär Laserpointer, Suchscheinwerfer und laute Musik ein, um den Menschen den Schlaf zu rauben. Pridybaylo sagte:
"Die polnischen Soldaten haben nachts die Sirenen und Hupen angeschaltet, das war ziemlich gemein: Sie haben Musik gespielt, die Scheinwerfer eingeschaltet und haben die Kinder und Frauen nicht schlafen lassen. Na ja, wenn die Kinder nicht schlafen können, werden sie unruhig und schreien, nerven die Eltern."
Gleichzeitig stellt Pridybaylo fest, dass sich die Flüchtlinge völlig legal in Weißrussland aufhalten, da sie gültige Visa besitzen. Ihm zufolge sammeln sich die ankommenden Flüchtlinge in Gruppen und kommen in dieses Lager. Über die Ursachen der Krise äußert er:
"Aber wie ist es überhaupt zu dieser Krise gekommen? Die Polen reagierten aggressiv auf die Ansammlung der Flüchtlinge und auf das, was mit ihnen passiert ist. Tatsächlich haben die Polen Gewalt angewandt, sie mit Gewalt wieder zurück über die Grenze nach Weißrussland zurückgeschoben. Dabei sind einige Menschen gestorben."
Pridybaylo beschreibt, wie einzelne Gruppen von Flüchtlingen erfolglos versucht haben, die Grenze zu Polen illegal zu durchbrechen. Nach ihrer Rückkehr ins Lager beginnen sie, sich zu größeren Gruppen zu versammeln. Sie hoffen, dass die polnischen Sicherheitsorgane gegen eine größere Zahl von Flüchtlingen keine Gewalt anwenden werden.
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