Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko hat der EU empfohlen, es sich gut zu überlegen, bevor sie neue Sanktionen gegen das Land verhängt. Dabei schloss der Staatschef nicht aus, dass die Regierung in Minsk den Waren- und den Gastransit über das weißrussische Territorium aussetzen könnte, sollte Polen vor dem Hintergrund der Migrationskrise seine Grenze komplett dichtmachen. Anhänger solcher Strafmaßnahmen bezeichnete Lukaschenko als "kopflose Schurken".
"Und wenn wir den Transit über Belarus schließen? Über die Ukraine geht es nicht: Die russische Grenze ist dort geschlossen. Es gibt keine Straßen über das Baltikum. Wenn wir den Transit für die Polen und beispielsweise für die Deutschen schließen, was wird dann passieren?"
Lukaschenko erinnerte darüber hinaus an die Gasleitung Jamal–Europa und frage rhetorisch, was passieren würde, wenn Weißrussland den Hahn zudrehen sollte.
"Wir beheizen Europa und man droht uns damit, die Grenze zu schließen. Und wenn wir die Erdgaslieferungen dorthin stoppen?"
In diesem Zusammenhang empfahl er der Regierung in Warschau, der Regierung in Vilnius und "anderen Kopflosen", ihre Worte zunächst einmal durchzudenken. Weißrussland werde bei der Verteidigung seiner Souveränität und Unabhängigkeit vor nichts Halt machen. Das Außenministerium in Minsk sollte alle in Europa vor Gegensanktionen warnen, wenn die EU-Länder zusätzliche Strafmaßnahmen gegen Weißrussland verhängen sollten.
Der weißrussische Staatschef gab ferner bekannt, er habe mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin gemeinsame Militärkontrollen an der Grenze zu den baltischen Staaten Polen und der Ukraine erörtert. Lukaschenko zufolge sollten die Russen und die Weißrussen die Situation gemeinsam kontrollieren. Somit kommentierte der weißrussische Präsident den Patrouillenflug zweier russischer Tu-22M3-Langstreckenbomber über Weißrussland am 10. November.
Indes reagierte der EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung Paolo Gentiloni auf einer Pressekonferenz in Brüssel auf die Drohungen aus Weißrussland. Dem Politiker zufolge wird sich die EU von Lukaschenko nicht einschüchtern lassen. Er rief die EU dazu auf, ihre Beziehungen zu den Lieferstaaten in Afrika, zu Norwegen und Russland maximal zu nutzen. Gentiloni bekräftigte darüber hinaus, dass man die Gaslieferungen in die EU in das erste Verteidigungskonzept der EU aufnehmen werde, das im Jahr 2022 verabschiedet werden soll.
Seit dem 8. November harren an der weißrussisch-polnischen Grenze unter äußerst widrigen Bedingungen einige Tausend Migranten aus. Das EU-Mitglied Polen hat Tausende Soldaten an der Grenze stationiert, die einen Durchbruch der Migranten verhindern sollen. Weißrussland beschuldigt die polnischen Sicherheitskräfte, gegen die Schutzsuchenden brutal vorzugehen. Die EU wirft Lukaschenko dagegen vor, Menschen aus Krisenstaaten wie Syrien, Afghanistan, Libyen und Irak gezielt einfliegen zu lassen, um sie dann in Richtung EU-Grenze zu schleusen.
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