Die Ukraine könnte vor einer Katastrophe stehen, da das Land versäumt habe, seine unterirdischen Gasspeicher vor dem Winter aufzufüllen. Davor warnte die ehemalige Premierministerin Julia Timoschenko, die derzeit in der Opposition sitzt, am Sonntag. Sie erklärte dem Fernsehsender Nasch:
"Wir hätten 38 Milliarden [Kubikmeter Gas in die Speicher] pumpen können und und wir hätten jetzt keine Krise in unserem Land."
Die Politikerin bezeichnete die Krise, die ihrem Land in den kommenden Monaten aufgrund von Gas- und Kohleknappheit bevorstehen könnte, als "menschengemacht".
Timoschenko wies darauf hin, dass das Gas im Sommer "sechsmal billiger" war, als es jetzt vermarktet wird. Sie argumentierte:
"Wir hätten alle Gas, Strom und Elektrizität zu minimalen Preisen gehabt."
Anfang vergangener Woche überstieg der Erdgaspreis in Europa zum ersten Mal seit Oktober die Marke von 900 US-Dollar pro tausend Kubikmeter.
Zuvor hatte der ehemalige Wirtschaftsminister der Ukraine Wiktor Suslow gewarnt, dass bis zu 91 Prozent der ukrainischen Unternehmen aufgrund der hohen Preise ihre Gasrechnungen nicht mehr bezahlen könnten. Sie wären daher gezwungen, ihre Tätigkeit einzustellen. Das ukrainische Analyse- und Strategiezentrum schlug sogar vor, die ukrainischen Brennholzausfuhren in die EU zu erhöhen, da Brennholz in der EU als Energieprodukt gilt.
Der ukrainische Abgeordnete Michail Wolynez schlug seinen Landsleuten, die in ländlichen Gebieten leben, Ende Oktober vor, sich mit getrocknetem Dung eindecken und damit zu heizen, um im Winter nicht auf die Regierung angewiesen zu sein.
Timoschenko, die derzeit die EU-freundliche Partei Vaterland führt, räumte ein, dass die Ukraine schon immer Gas aus Russland bezogen hat. Sie bezeichnete den Plan, Gas aus Europa, das zum Teil durch die Ukraine in die EU transportiert wurde, zurückzukaufen, als "eine große Lüge". Die ehemalige Regierungschefin erklärte:
"Als sie uns 2014 sagten, dass die Ukraine westeuropäisches Gas verbrauchen würde, hätten sie mir zeigen sollen, wo es in Europa produziert wird und wo wir es abnehmen können."
Sie fügte hinzu, dass es kein "europäisches Gas" gegeben habe. "Sie stellten eine Pipeline zur Verfügung, aber das Gas war immer noch das russische", so die Politikerin.
Die Spannungen zwischen Moskau und Kiew intensivieren sich auch im Bereich des Gashandels und -transits. Die Ukraine lehnt das russische Projekt Nord Stream 2 entschieden ab, da sie befürchtet, dass die Pipeline, die von Russland durch die Ostsee nach Deutschland führt, die Ukraine um mindestens drei Milliarden US-Dollar an Transitgebühren bringen würde.
Der Chef des staatlichen ukrainischen Gasunternehmens Naftogaz Juri Witrenko erklärte kürzlich, ein Ende des Gastransits würde Moskau und Kiew an den Rand eines "ausgewachsenen Krieges" bringen. Moskau betonte wiederholt, dass es keine Pläne gebe, den Gashahn zuzudrehen, und hob hervor, dass alle künftigen Verträge mit der Ukraine eine kommerzielle Angelegenheit des russischen Energieriesen Gazprom allein seien.
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