Die Internationale kriminalpolizeiliche Organisation hält eine Nutzung ihrer Kanäle bei der Fahndung nach der ehemaligen weißrussischen Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja für unmöglich. Dies teilte der Leiter des nationalen Zentralbüros von Interpol in Weißrussland Dmitri Medwedew mit. Er präzisierte, dass diese Entscheidung von einer speziellen Arbeitsgruppe, einer Abteilung des Interpol-Generalsekretariats, nach Prüfung des vorgelegten Materials getroffen worden sei.
Zugleich betonte Medwedew, Interpol stelle die Legitimität von Strafverfahren, die auf dem Territorium der Republik Weißrussland eingeleitet werden, niemals und unter keinem Vorwand in Frage. Interpol bestreite nicht, dass die Rechtmäßigkeit eines Strafverfahrens in die Zuständigkeit des Staates und des nationalen Rechts falle, hieß es weiter.
Swetlana Tichanowskaja werden in Weißrussland terroristische Aktivitäten vorgeworfen. Die weißrussische Generalstaatsanwaltschaft beschuldigt die oppositionelle Politikerin der Vorbereitung von Explosionen und Brandstiftungen auf dem Gebiet der Hauptstadt und anderer Städte. Zudem leitete das weißrussische Untersuchungskomitee ein Verfahren gegen Tichanowskaja gemäß Artikel 382 des Strafgesetzbuchs wegen "willkürlicher Aneignung eines Amtes oder einer Befugnis eines Beamten" ein. Weißrussische Behörden ersuchten Litauen um Tichanowskajas Auslieferung, was jedoch abgelehnt wurde.
Im August 2020 hatten in Weißrussland Präsidentschaftswahlen stattgefunden und die Wahlkommission erklärte Alexander Lukaschenko erneut zum rechtmäßigen Präsidenten. Die weißrussische Opposition bestritt die Legitimität der Wahlergebnisse. Swetlana Tichanowskaja erkannte ihre Niederlage gegen Lukaschenko nicht an und wurde zur Führungsfigur der Proteste. In ganz Weißrussland kam es zu massiven dauerhaften Demonstrationen, die gewalttätig unterdrückt wurden. Tichanowskaja verließ ihr Heimatland aus Sicherheitsbedenken. Nun übt sie ihre politische Tätigkeit in Litauen aus.
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