Fischereistreit eskaliert: Paris droht London mit Vergeltungsmaßnahmen

Im Fischerei-Streit zwischen London und Paris haben Vertreter der französischen Regierung Großbritannien wegen des Nichterteilens von Fischerei-Lizenzen scharf kritisiert. Man werde nun auch mögliche Vergeltungsmaßnahmen zu prüfen, heißt es aus Paris.

"Dieser neue Fußtritt der Briten ist eine Demonstration ihres schlechten Willens, ihre Verpflichtungen zu respektieren", sagte Meeresministerin Annick Girardin am Mittwoch. "Ich appelliere nun an die europäische Solidarität, um zu einem Gleichgewicht in unseren Beziehungen zu unseren britischen Nachbarn zu kommen." Am Vorabend hatte Girardin beklagt, dass von 175 für französische Fischer zum Fischen in britischen Gewässern beantragten Lizenzen erst 100 erteilt worden seien.

"I want the licences back", sagte Girardin in Anspielung auf die Forderung der früherer britischen Premierministerin Magret Thatcher auf Rückzahlung von EU-Beiträgen, die sie in die Worte "I want my money back" fasste. Frankreich werde eine Front bilden und sich von den Briten nicht auseinanderdividieren lassen, betonte Girardin. Alle für die Lizenzen erforderlichen Dokumente seien vorgelegt worden. Die französische Fischerei dürfe nicht von den Briten zu politischen Zwecken als Geisel genommen werden, hatte die Ministerin am Vorabend erklärt.

Der französische Europa-Staatssekretär Clément Beaune kündigte eine schnelle Antwort auf das Nichteinhalten der garantierten Rechte für die Fischer an:

"Wir werden in den nächsten Tagen die Gegenmaßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene bestimmen."

Im Brexit-Abkommen war das Erteilen von Lizenzen für europäische Fischer in einer Zone von sechs bis zwölf Seemeilen vor der britischen Küste vereinbart worden. Zwischen Frankreich und Großbritannien gibt es seit Längerem Streit um die Umsetzung, auch im Bereich der Kanalinseln Jersey und Guernsey. Vor einigen Monaten war der Konflikt eskaliert, so dass kurzzeitig sogar Militärschiffe in See stachen. Auch jetzt rückt wieder Jersey in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung. Die Kanalinsel genehmigte nach eigenen Angaben zwar 95 zusätzliche Lizenzen für französische Fischerboote, darunter 31 für eine befristete Zeit. Allerdings wurden zugleich 75 Anträge abgelehnt.

Der französische Regierungssprecher Gabriel Attal sprach von "vollkommen inakzeptablen und unzulässigen Entscheidungen". Das Vorgehen von Jersey widerspreche den im Zuge des Brexits getroffenen Vereinbarungen. Er könne die Sorgen und die Wut der französischen Fischer nachvollziehen. Die französische Regierung werde mit der EU-Kommission zusammenarbeiten, "um in dieser Frage Fortschritte zu erzielen und auch mögliche Vergeltungsmaßnahmen zu prüfen".

Von der britischen Regierung hieß es am Mittwoch, man werde mit der EU-Kommission und den französischen Behörden zusammenarbeiten, und "weitere Nachweise für die ausstehenden Lizenzanträge berücksichtigen". Das bisherige Vorgehen sei "vollständig im Rahmen" des zwischen London und Brüssel geschlossenen Brexit-Handelsvertrags.

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