Der ehemalige Schauspieler und Militärexperte Alexei Arestowitsch ist leitender Berater von Andrei Jermak, dem Stabschef des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij. In seinem Team ist er für strategische Kommunikation zuständig. Außerdem ist Arestowitsch Leiter der ukrainischen Vertretung in der Donbass-Kontaktgruppe.
Zu seinen Arbeitsmaximen gehört die Erkenntnis, dass man Agenda proaktiv besetzen müsse, um im diplomatischen, kulturhistorischen und zivilisatorischen Wettstreit zu gewinnen. Dann würde der Gegner, auch wenn er sie kritisiert, trotzdem die ursprünglich gesendete Botschaft bedienen und sie damit in die Köpfe der Menschen setzen.
In einem Youtube-Interview mit dem in Moskau ansässigen ukrainischen Journalisten und Blogger Maxim Zimbaljuk hat Arestowitsch vorgeschlagen, die Ukraine in "Rus-Ukraine" umzubenennen. Bei dem Konflikt mit Russland geht es ihm darum, die historische Gerechtigkeit wiederherzustellen und die Brücke zur Geschichte der Kiewer Rus, die mit dem Mongolensturm im 13. Jahrhundert endete, zu schlagen. Die Ukraine müsse zu sich kommen – also zur alten Rus.
"Unser Konflikt mit der Russischen Föderation ist ein Konflikt wie zwischen Juden und Arabern um das Erstgeburtsrecht", sagte er. Der Kampf um das Kiewer Höhlenkloster sei mit dem Kampf um den Tempelberg in Jerusalem zu vergleichen. "Dieses Abfangen des Erben der Kiewer Rus ist viel wichtiger als Panzer und Flugzeuge."
"Wenn wir gewinnen und die ganze Welt davon überzeugen – Hauptsache sich dessen selbst sicher sein –, dass wir die Erben der Kiewer Rus sind, dann werden sie (die Russen) zu europäisch besudelten Erben der Goldenen Horde und Byzanz. Wenn sie gewinnen, werden wir zur Einbildung des Österreichischen Generalstabs."
Die erste Runde in diesem historischen Wettstreit habe die Ukraine seiner Meinung nach gewonnen. Russland habe zwar mit dem Artikel des russischen Präsidenten über historische Einheit der Russen und Ukrainer einen wichtigen Vorstoß geliefert, aber Russland fehlen derzeit weitere Ideen. "Wir brauchen aber keinen teuren Propagandaapparat, um unser Konzept aufrechtzuerhalten. Dreizack (Element des ukrainischen Wappens) und Griwna (ukrainische Währung) gab es schon damals in Kiew und die gibt es auch jetzt."
Schließlich hat er vorgeschlagen, den Staat in "Rus-Ukraine" umzubenennen. "Man muss denen die Russen-Marke wegnehmen. Ich setze mich dafür ein, dass wir auch unseren Krieg richtig benennen – russisch-russländischer Krieg." Der Kommunikations-Berater betonte, dass Präsident Wladimir Selenskij in seinen letzten Ansprachen am Tag der Rus-Taufe und am Unabhängigkeitstag die Bezeichnung "Rus-Ukraine" fünf Mal erwähnte. Auf die Frage des Journalisten, ob es einen entsprechenden Erlass geben werde, sagte Arestowtisch, dass "wir daran arbeiten".
Umbenennungsvorschläge sind im politischen Kiew keine Seltenheit. Ende letzten Jahres schlug der Abgeordnete der Regierungspartei "Diener des Volkes" Nikita Poturaejew vor, Russland auf staatlicher Ebene in Moskowien umzubenennen. Nach seinen Worten "entscheidet jede Nation selbst, wie sie ihre Nachbarn nennt".
Die Sprecherin des russischen Außenamtes Maria Sacharowa hat auf die Idee der Umbenennung der Ukraine mit Humor reagiert. Auf Facebook schlug sie ihre Variante der neuen Staatsbezeichnung vor: Ukrus.
Der Abgeordnete der russischen Staatsduma Ruslan Balbek kommentierte Arestowitschs Idee mit den Worten, dass es eine Entwicklung nach dem Prinzip "Nimm von deinem Nachbarn" sei.
"Die Stimmungslage in Selenskijs Büro schaukelt wie eine Galeone im Sturm. Eines Tages ist die Ukraine nicht mehr Russland, jetzt nennen sie sich Russen, und wer sind dann wir? Und wie werden sie sich morgen in Kiew nennen? Goten und Römer? Erst sind sie Europäer, jetzt wissen sie nicht mehr, wer sie sind", zitiert ihn RIA Nowosti.
Der ukrainische Medienexperte und Politiker im Exil Anatoli Scharij nannte die Idee der Umbenennung "krank". In seinem Kommentar für RT DE wies er darauf hin, dass Selenskij-Mitarbeiter Arestowitsch in seiner Laufbahn schon in viele Rollen schlüpfte – "vom Schauspieler in drittklassigen Serien bis zum selbsternannten Speznas-Experten". Solche Leute müssten medizinisch betreut werden.
"Jetzt verhöhnen sie das Land, das sie regieren. Morgen werden sie Kiew in Slawaukrainsk oder McCain umbenennen und keiner wird sich dagegen wehren, und das wissen sie."
Arestowitsch lässt in der Tat des Öfteren durch seine extravaganten Konzepte von sich reden. So hat er nach der Machtübernahme durch die radikal-islamischen Taliban in Kabul seine Enttäuschung zum Demokratiekonzept nach US-amerikanischem Zuschnitt zum Ausdruck gebracht. Ihm zufolge müsse in der Ukraine deswegen eine eigenständige "Zivilisation" aufgebaut werden.
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