Am Montag hat in Kiew zum ersten Mal das internationale Gipfeltreffen "Krim-Plattform" getagt. Unter den 46 Teilnehmern waren auch Vertreter der Europäischen Union (EU) und der NATO anwesend. Zwölf Staatsoberhäupter erschienen persönlich, darunter die der baltischen Staaten und Polens. Deutschland wurde von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vertreten.
Die Krim-Plattform wurde unter Präsident Wladimir Selenskij gegründet, um die ukrainische Forderung nach der Rückkehr der Krim in das Staatsgebiet der Ukraine dauerhaft auf die internationale Agenda zu setzen. Das Gipfeltreffen findet im Rahmen der Feierlichkeiten des ukrainischen Unabhängigkeitstags statt.
In ihren Reden sicherten die angereisten Vertreter Selenskij ihre Unterstützung bei der Behandlung der Krimfrage zu. Ein Vertreter der EU rief zur Demilitarisierung der Krim von russischen Streitkräften auf, um die Sicherheit der Schwarzmeerregion zu gewährleisten.
In Russland hatte man sich im Vorfeld skeptisch über die Ziele des Gipfeltreffens geäußert. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa warf den Teilnehmern Heuchelei vor. Sacharowa kritisierte, dass keiner der angereisten Vertreter die Situation auf der Krim kenne und sie diese nur aus der Ferne bewerteten. Eine Delegation Russlands war zu dem Gipfel nicht geladen.
Balkanstaaten halten Plädoyers für eine souveräne Ukraine
Eingehend versicherte der Präsident LettlandsEgils Levits, dass die Krim noch auf der internationalen Agenda stehe. Russlands "Besatzung" der Halbinsel nannte er eine Politik des 19. Jahrhunderts, die nicht in das 21. Jahrhundert passe. Deswegen könne so eine Politik von der internationalen Gemeinschaft nicht akzeptiert werden. Mit Verweis auf die Charta der Vereinten Nationen sagte Levits:
"Der Respekt für Grenzen und territoriale Integrität eines Staates ist die Grundlage für Frieden."
In Anspielung auf die Sowjetunion sprach Levits davon, dass die Weltgemeinschaft die Besatzung der baltischen Staaten nie anerkannt habe. Er sei sich aber sicher, dass die Krim früher oder später wieder zur Ukraine gehören werde.
Andere Vertreter der Länder des ehemaligen Ostblocks argumentierten ähnlich. Auch der polnische Präsident Andrzej Duda Parallelen zog Parallelen zur Vergangenheit Polens während der Zeit des Warschauer Pakts.
Die Präsidentin Estlands Kersti Kaljulaid klagte über "die erzwungene Trennung", die im 21. Jahrhundert in Europa stattfinde, "wo wir vor langer Zeit entschieden haben, dass jede Nation das Recht hat, über ihre Zukunft frei zu entscheiden". Kaljulaid warf Russland die Militarisierung der Krim und des Schwarzen Meers sowie die systematische Verletzung von Menschenrechten und die Zerstörung von Familien vor.
Wiederholt erhoben die Sprecher schwere Vorwürfe gegen Russland im Umgang mit der Bevölkerung der Krim, deren Religion und Sprache angeblich eingeschränkt werde. Mehrmals wurde auch die angeblich prekäre Situation der Krimtataren angesprochen. Viele Teilnehmer verwiesen auf die Sanktionen, die gegen Russland in Kraft sind, und versicherten einander, die Krim auch in Zukunft nicht als russisches Territorium anzuerkennen.
Altmaier lobt die deutsch-ukrainische Energiepartnerschaft
Auch Wirtschaftsminister Altmaier sprach von der "illegalen Annexion" der Krim durch Russland. Die Verletzung der ukrainischen Souveränität sowie der internationalen Rechtsstaatlichkeit sei "ein großes, großes Problem in der Region". Altmaier verlangte daher Fortschritte, Gespräche und die Wiederherstellung der internationalen Ordnung.
Zudem betonte Altmaier die wirtschaftlichen Verbindungen Deutschlands mit der Ukraine im Energiesektor. Beeindruckt sei der Wirtschaftsminister davon, wie sich die Ukraine in den letzten Jahren in Richtung EU bewegt habe. Man werde alles tun, um sicherzustellen, dass der Gastransit durch die Ukraine nach 2024 weitergehe.
Zuletzt erinnerte Altmaier an die Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg. Die freie Wirtschaft und der Rechtsstaat hätten letztlich viele von der Bundesrepublik überzeugt.
USA und NATO bekräftigen ihre Unterstützung
Aus den USA war Energieministerin Jennifer Granholm angereist. Man sei stolz, mit der Ukraine seit ihrer Unabhängigkeit zusammengearbeitet zu haben.
"Im Namen von Präsident Biden möchte ich unsere Unterstützung für die Ukraine und ihre Bemühungen bekräftigen, die Reformen voranzutreiben, um ihre euroatlantischen Bestrebungen zu unterstützen und eine bessere Zukunft für alle Ukrainer zu schaffen."
Dazu gehöre der Kampf gegen Korruption und der noch größere Kampf gegen angebliche russische Aggressionen. Knapp fünf Milliarden US-Dollar habe man seit 2014 in die Sicherheit und Entwicklung der Ukraine investiert. Diese Unterstützung werde man fortsetzen, inklusive Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen die "russische Aggression".
Auch der stellvertretende NATO-Generalsekretär Mircea Geoană bekräftigte die Unterstützung der Ukraine durch das Militärbündnis und rief Russland dazu auf, die Halbinsel zurückzugeben. Die Sicherheitslage auf der Krim, in der Ostukraine, im Schwarzen Meer und im Asowschen Meer betreffe "uns alle".
"Das Thema Krim ist nicht nur eine Angelegenheit der Krim selbst. Es ist eine Angelegenheit für uns alle in der freien demokratischen Welt."
Zudem stehe die NATO zu ihrer Entscheidung des Bukarest-Gipfels, auf dem die künftige Mitgliedschaft Georgiens und der Ukraine angekündigt worden war. Geoană lobte auch das Engagement der Ukraine für eine friedliche Lösung des Konflikts in der Ostukraine.
Mit Verweis auf die NATO-Mitgliedsstaaten in der Schwarzmeerregion Türkei, Bulgarien und Rumänien sagte Geoană, dass die Sicherheit der Region für die NATO von großer Bedeutung sei.
Zum Schluss betonte der stellvertretende Generalsekretär in Anspielung auf die Vortragszeit von drei Minuten die militärische Pünktlichkeit des Bündnisses:
"Und, Herr Minister Kuleba, die Dreiminutenregel bei der NATO funktioniert. Vielen Dank."
Der ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba erwiderte auf Geoanăs kleinen Flirt:
"Es macht mich nichts glücklicher als zu wissen, dass die NATO funktioniert."
Mehr zum Thema - Kiew: "Krim-Plattform" als Startschuss für die "Deokkupation" der Krim eröffnet