Machtkampf in Kiew: Klitschko soll als Chef der Stadtverwaltung entlassen werden

Laut Medienberichten wird der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, aus seinem zweiten Amt, dem als Verwaltungschef der Hauptstadt, entfernt. Nach jahrelangem Machtkampf würde sich damit Präsident Selenskij gegen Klitschko durchsetzen. Er lässt die Staatsanwaltschaft wegen Korruption ermitteln.

Der ehemalige Profiboxer und amtierende Bürgermeister von Kiew Vitali Klitschko wird womöglich bald aus seinem Amt als Chef der Verwaltung der Stadt Kiew entfernt werden. Laut offiziell bisher nicht bestätigten Meldungen würde ein Minister aus der Regierung unter Präsident Wladimir Selenskij für die Nachfolge Klitschkos abgestellt werden.

Am 16. August veröffentlichte Klitschko eine Videobotschaft auf Facebook, in der er die ukrainischen Behörden beschuldigte, ihn zu diffamieren und an der Ausübung seines Amtes als Bürgermeister zu hindern.

Seit 2010 ist das Amt des Bürgermeisters von Kiew von der faktischen Macht in der Verwaltung weitgehend getrennt. Während der Bürgermeister weiterhin von den Bürgern gewählt wird, obliegt die Ernennung des Chefs der Stadtverwaltung dem Präsidenten des Landes.

Klitschko ist seit 2014 Bürgermeister und Verwaltungschef Kiews. Nach den Maidan-Protesten 2014 wollte er zunächst für das Präsidialamt kandidieren, verzichtete aber und trat stattdessen zur Wahl als Bürgermeister an, die er im Mai 2014 mit knapp 57 Prozent der Stimmen gewann. Bei den Präsidentschaftswahlen unterstützte er den späteren Gewinner, Petro Poroschenko.

Im Juni 2014 wurde Klitschko von Präsident Poroschenko zum Chef der Stadtverwaltung von Kiew ernannt. Bei der Wahl 2015 wurde Klitschko mit 66,5 Prozent der Stimmen in seinem Amt als Bürgermeister bestätigt. 2020 wählten ihn 50,5 Prozent der Kiewer zum dritten Mal zu ihrem Oberhaupt.

Laut einem Bericht des Tagesspiegels soll Selenskij bereits seit seinem Amtsantritt im Jahr 2019 versucht haben, Klitschko zu entmachten. Damals hatte das Anti-Korruptionsbüro der Ukraine gegen Klitschko und zwei seiner Stellvertreter wegen Hochverrats und Veruntreuung ermittelt. Der Hintergrund soll Klitschkos Zugehörigkeit zum politischen Gegner und ehemaligen Präsidenten Petro Poroschenko gewesen sein.

Mit Klitschkos Absetzung vom Posten als Verwaltungschef wäre er faktisch entmachtet. Den langen Kampf um die politische Kontrolle der ukrainischen Hauptstadt hätte die Regierung unter Präsident Selenskij damit vorerst für sich entschieden.

Klitschko spricht von systematischem Druck

In einem Video, das Klitschko am 16. August auf seiner Facebookseite postete, beschwerte er sich öffentlich darüber, dass man ihn aus seinem Amt entfernen wolle. Ständig würden Strafverfolgungsbehörden Untersuchungen in den Unternehmen der Stadt Kiew durchführen. Dadurch werde systematisch Druck auf ihn ausgeübt. Klitschko gab zudem an, dass er der Ansicht sei, dass man ihn bald durch einen Strohmann der Regierung ersetzen wolle.

"Diese Aktionen zielen darauf ab, die Behörden der Hauptstadt und mich persönlich zu diskreditieren und Hindernisse für die Durchführung von Projekten zu schaffen, die für die Stadt und die Kiewer Bürger wichtig sind. Und das mit dem einzigen Ziel, meinen Ruf zu schädigen."

Bei den städtischen Unternehmen mit den meisten Ressourcen führten Strafverfolger und Steuerbeamte seit Mai 2021 bereits mehrere Durchsuchungen durch. Schon damals hatte sich Klitschko mit einer Videobotschaft an die Öffentlichkeit gewandt und das Vorgehen der Behörden als politischen Druck kritisiert.

Laut ukrainischen Medienberichten soll die Generalstaatsanwaltschaft im Büro des Bürgermeisters von Kiew eine kriminelle Vereinigung aufgedeckt haben. Dazu gehörten fünf Klitschko unterstellte Beamte in der Abteilung für Verkehrsinfrastruktur der Stadtverwaltung. Gemeinsam mit privaten Unternehmen sollen sie ein betrügerisches Geschäft mit fälschlich abgeschleppten Autos organisiert haben.

In der selben Abteilung soll die Staatsanwaltschaft zudem am 16. August Durchsuchungen beim Auftraggeber und beim Auftragnehmer wegen möglicher Verluste von 4,5 Millionen Griwna (ca. 144.000 Euro) beim Bau einer Brücke eingeleitet haben.

Ebenfalls am 16. August durchsuchten Strafverfolger das städtische Unternehmen Kievvodfond wegen der möglichen Veruntreuung von mehr als sieben Millionen Griwna (ca. 224.000 Euro), die für Wassertanks und öffentliche Toiletten vorgesehen waren.

Mehr zum Thema US-Immobilien als "Kleptokraten-Traum" – Auch ukrainische Oligarchen waschen so ihr Geld