Tschechien sollte seine politischen Beziehungen zu Russland wiederaufbauen, stellte der tschechische Außenminister Jakub Kulhánek in einem Interview fest, das am Samstag auf der Webseite novinky.cz veröffentlicht wurde. Er betonte:
"Wir müssen unsere politischen Beziehungen wiederaufbauen, daran zweifelt niemand."
"Ich habe eine Klausurtagung für Mitglieder der Parlamentsparteien einberufen, um unsere Ansichten über die Beziehungen zu Russland zu diskutieren. Es wäre gut, wenn wir in dieser wichtigen Frage eine möglichst breite Unterstützung im Land hätten."
Kulhánek zufolge wird die Zukunft der Beziehungen zu Russland von einer neuen Regierung entschieden werden, die nach den Parlamentswahlen im Oktober gebildet wird.
Der tschechische Außenminister zeigte sich zuversichtlich, dass beide Länder die bilateralen Beziehungen auf pragmatische Weise verbessern müssten. Seiner Ansicht nach werden die diplomatischen Kontakte jedoch so lange stagnieren, bis Russland die Tschechische Republik von seiner Liste der unfreundlichen Staaten streicht. Kulhánek erklärte:
"Als einen wichtigen Schritt zur Verbesserung unserer Beziehungen – und das wäre ein Marathonlauf – würde ich die Streichung der Tschechischen Republik von der Liste der unfreundlichen Staaten betrachten."
"In dieser Hinsicht ist Russland am Zug. Aber das ist eine Frage von Monaten, vielleicht sogar von Jahren."
Gleichzeitig sprach er sich für die Aufrechterhaltung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit Moskau aus und hob hervor:
"Ich bin davon überzeugt, dass die Wirtschaftsbeziehungen [mit Russland] auf dem derzeitigen Niveau beibehalten werden sollten, während tschechische Unternehmen, die an einer Ausweitung ihrer Geschäfte in Russland interessiert sind, unterstützt werden sollten, [weil] sie Arbeitsplätze für uns schaffen."
Die Spannungen zwischen Moskau und Prag hatten sich im April verschärft, nachdem die tschechischen Behörden die Ausweisung von 18 Mitarbeitern der russischen Botschaft in Prag angekündigt hatten, bei denen es sich nach Angaben der tschechischen Behörden um "Offiziere der russischen Geheimdienste SVR und GRU" gehandelt haben soll. Tschechien begründete den Schritt mit den angeblichen sogenannten neu entdeckten Umständen im Zusammenhang mit der Explosion des Munitionslagers im osttschechischen Dorf Vrbětice im Jahr 2014. Das russische Außenministerium protestierte gegen den Schritt, den Prag "unter falschem Vorwand" unternommen hatte, und wies 20 Mitarbeiter der tschechischen Botschaft in Moskau aus. Später einigten sich die Parteien darauf, ihr diplomatisches Personal anzugleichen. Die russische Botschaft in Prag und die tschechische Botschaft in Moskau verfügen derzeit über jeweils sieben Diplomaten, 25 technische und administrative Mitarbeiter sowie 19 örtliche Angestellte.
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