Wolfgang Ischinger über Nord Stream 2: Bürde für Deutschlands Glaubwürdigkeit

Die Meinungen über Nord Stream 2 spalten sich in Deutschland selbst kurz vor der Fertigstellung der Gaspipeline. Zuletzt hat der Chef der Münchener Sicherheitskonferenz das Projekt kritisiert. Wolfgang Ischinger hält es für eine Bürde für die deutsche Außenpolitik.

Am Samstag hat die italienische Zeitung La Stampa ein Interview mit Wolfgang Ischinger veröffentlicht, in dem der frühere Diplomat die Gaspipeline Nord Stream 2 kritisierte. Der Chef der Münchener Sicherheitskonferenz äußerte die Meinung, dass das Projekt eine Bürde für die Auslandspolitik Deutschlands bleibe und für ein offensichtliches Problem mit den USA sorge. Berlin und Washington seien sich jedoch einig, dass Kiew dabei nicht zu kurz kommen dürfe. Ischinger erklärte im Interview weiter, es sei nicht mehr vertretbar, Nord Stream 2 als rein geschäftliche Sache zu betrachten. Es sei hingegen eine geopolitische Frage.

Die Pipeline Nord Stream 2 verläuft von Wyborg in Russland durch die Ostsee bis nach Lubmin bei Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern. Sie soll künftig 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr von Russland nach Deutschland befördern und damit zur Sicherheit der Energieversorgung einen wichtigen Beitrag leisten. Der erste Strang der Pipeline ist bereits verlegt, der zweite soll voraussichtlich bis Ende August fertiggebaut werden. 

Die US-Regierung kritisiert, Europa mache sich dadurch bei der Energieversorgung zu stark von Russland abhängig. Auch die deutschen Grünen lehnen das Projekt vehement ab. Die Regierung in Kiew befürchtet, Russland werde nach der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 Erdgas an der Ukraine vorbei in die EU liefern. Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht dagegen in der Pipeline ein zusätzliches Projekt und keine Alternative zum Gastransit durch die Ukraine. Russland hat westliche Politiker mehrmals dazu aufgerufen, die Situation um Nord Stream 2 nicht zu politisieren. Das sei ein kommerzielles Projekt, das sowohl Russland als auch der EU Vorteile bringe.

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(rt/dpa)