Spanien: Verfassungsgericht erklärt Lockdown für verfassungswidrig

Das spanische Verfassungsgericht hat den im vergangenen Jahr von der Zentralregierung durchgesetzten harten Lockdown für verfassungswidrig erklärt. Die Partei Vox hatte die Klage angestrengt. Unklar ist aber noch, welche Konsequenzen der Richterspruch haben wird.

Das spanische Verfassungsgericht hat den im Jahr 2020 von der Zentralregierung verhängten dreimonatigen Lockdown für verfassungswidrig erklärt. Die Regierungsverordnung sah damals für fast alle Menschen eine vollständige Ausgangssperre vor. Auch die meisten Geschäfte mussten schließen. Die Regelungen waren von März bis Juni in Kraft und teilweise im Herbst erneut eingeführt worden.

Das spanische Recht kennt drei Stufen des Notstandes: den Alarmzustand, den Ausnahmezustand und die höchste Stufe, den Belagerungszustand. Der Alarmzustand kann von der Regierung erklärt und per Verordnung durchgesetzt werden, bevor er im Parlament debattiert wird. Für die Verhängung des Ausnahmezustandes ist dagegen die vorherige Zustimmung des Parlamentes erforderlich.

So massive Einschränkungen der Freiheitsrechte, insbesondere der Bewegungsfreiheit, hätten aber der Verhängung des Ausnahmezustandes bedurft. Das berichteten spanische Medien am Mittwoch unter Berufung auf Informationen aus dem Gerichtshof.

Die politisch im rechtskonservativen Spektrum verortete Partei Vox hatte dagegen geklagt. Die Verfassungsrichter folgten nun ihrer Auffassung, wenngleich auch mit einem knappen Votum von sechs zu fünf Stimmen. Die Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez zeigte sich in einer ersten Reaktion überrascht und verärgert. Man werde das Urteil aber respektieren, hieß es.

Unklar ist indes, welche Konsequenzen der Richterentscheid haben werde. Noch offene Bußgeldforderungen wegen Verstoßes gegen die Lockdown-Bestimmungen dürften erlassen und noch anhängige Verfahren eingestellt werden. Womöglich könnten auch Menschen, die mit einem Bußgeld belegt worden waren, das gezahlte Geld nun erfolgreich zurückfordern. Zudem könnte es zu einer Welle von Schadensersatzklagen von Personen und Unternehmen kommen, denen durch den Lockdown wirtschaftliche Verluste entstanden sind. Das Gericht erklärte aber bereits, dass es keine solchen Klagen akzeptieren wolle.

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