Türkei steigt aus Istanbul-Konvention über den Schutz von Frauen aus

Das Übereinkommen des Europarates gegen Gewalt an Frauen wurde 2011 in Istanbul unterzeichnet und nach diesem Ort benannt. Die Türkei gehörte zu den 13 Gründungsländern. Mit Wirkung ab 1. Juli tritt sie aus. Aktivistinnen in dem Land setzen ihre Bewegungen fort.

Am 1. Juli wird der Austritt der Türkei aus dem Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt gültig, das 2011 geschlossen wurde und 2014 in Kraft trat. Das Übereinkommen – nach dem Unterzeichnungsort Istanbul-Konvention genannt – schreibt die Gleichstellung der Geschlechter in den Verfassungen und Rechtssystemen vor. Es sieht Bildungsprogramme vor, die ein Bewusstsein für die Problematik schaffen sollen, sowie Hilfe für bedrohte Frauen.

Der Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdoğan, hatte im März dieses Jahres plötzlich den Austritt verkündet. Als "plötzlich" und "schockierend" bezeichneten Frauenrechtsorganisationen den Austritt. Nach ihren Einschätzungen werden die Rechte von Frauen in der Türkei weitgehend missachtet, wie die Tagesschau seit März wiederholt berichtet.

In einem Heute-Beitrag vom Tag des vollzogenen Austritts berichtet eine junge Frau namens Tuğçe: "Erdoğan hat erst vor wenigen Tagen in einer Ansprache im Fernsehen seine Landsleute aufgefordert, mindestens drei Kinder pro Familie zu zeugen." Als unverheiratete Frau ohne Kinderwunsch fühle sie sich durch solche Appelle unter Druck gesetzt. "Das ist auch eine Form von Gewalt."

Die Konvention hat geholfen, die Situation für Frauen zu verbessern, fährt Tuğçe fort. "Das war etwas, was uns gestärkt hat – vor Gericht, auf der Polizeiwache, im Zivilrecht bei Gewaltdelikten. Die Istanbul-Konvention hatte uns einfach stärker gemacht."

Tuğçes Freundin Feride sagt, die türkische Regierung stützt sich auf ein patriarchalisches, konservatives System. "Und sie hat Angst, wenn Frauen Gleichberechtigung verlangen, und es LGBTI-Leute gibt, dass das dann ihre Vorherrschaft zerstört", sagt Feride. "Und wenn dein ganzer Reichtum und deine Macht darauf basiert, andere Menschen zu unterwerfen, dann willst du nicht, dass die sich dagegen auflehnen, vor allem nicht mit dieser breiten Unterstützung aus der Gesellschaft."

Aktivistinnen wie Tuğçe und Tuğçe riskieren einiges, setzt die Tagesschau ihren Bericht fort. Festnahmen und Bedrohungen nach Demonstrationen gehören dazu. Am Abend des 1. Juli werden sie dennoch an einem Marsch durch das Zentrum von Istanbul teilnehmen.

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