Schweden: Ministerpräsident Löfven tritt zurück – Regierungssuche beginnt

Mitten in der Pandemie ist Schweden in eine politische Krise geschlittert. Ein Entwurf für ein neues Mietgesetz entfachte einen Streit. Nach einem erfolgreichen Misstrauensvotum gegen Regierungschef Löfven tritt die rot-grüne Regierung nun zurück.

Eine Woche nach einem Misstrauensvotum im Parlament hat der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven seinen Rücktritt eingereicht. Der 63 Jahre alte Vorsitzende der Sozialdemokraten sagte am Montag bei einer Pressekonferenz:

"Angesichts der außergewöhnlichen Situation, in der sich das Land mit der anhaltenden Pandemie und den damit verbundenen besonderen Herausforderungen befindet, ist eine Neuwahl nicht das Beste für Schweden."

Löfven hatte nach dem Misstrauensvotum eine Woche Zeit, um sich zwischen den Optionen Rücktritt und Neuwahl zu entscheiden.

Parlamentspräsident Andreas Norlén wird nun die Suche nach einem Kandidaten einleiten, der den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung erhalten soll. Er wird dazu in den nächsten Tagen mit allen Fraktionen Gespräche über ihre Erfolgschancen führen. Löfven könnte also die Möglichkeit für einen neuen Anlauf bekommen. Dieser betonte:

"Ich stehe zur Verfügung, um eine Regierung zu führen, die der Reichstag tolerieren kann."

Mit welchen Parteien er eine Koalition bilden will, ließ er offen. Auch der Chef der Moderaten, Ulf Kristersson, arbeitet daran, eine Mehrheit für ein bürgerliches Bündnis zu sammeln.

Eine Mehrheit des Reichstags in Stockholm hatte Löfven am vergangenen Montag das Misstrauen ausgesprochen und ihn somit mitsamt seiner Regierung gestürzt. Es war das erste Mal, dass ein Ministerpräsident in Schweden per Misstrauensvotum zu Fall gebracht wurde.

Beantragt worden war die Abstimmung von den rechtskonservativen Schwedendemokraten. Mit ihnen, den Moderaten und den Christdemokraten hatte sich auch die Linkspartei gegen den Regierungschef gestellt. Grund für das Vorgehen der Linken war ein Streit über einen Vorschlag zur Liberalisierung des Mietmarktes für Neubauten. So sieht der Entwurf eines neuen Gesetzes etwa vor, dass Vermieter in Zukunft den Mietpreis bei Neubauten frei bestimmen können. 

Löfven regiert Schweden seit 2014. Seit Anfang 2019 wurde er von einer rot-grünen Minderheitsregierung gestützt, die nach zähen Verhandlungen eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit mit der Zentrumspartei und den Liberalen eingegangen ist. Zudem war er im Parlament auf Unterstützung der Linken angewiesen.

Die nächste reguläre Parlamentswahl in Schweden ist für September 2022 vorgesehen. Sie wird unabhängig davon stattfinden, ob in der Zwischenzeit eine Neuwahl abgehalten wird oder nicht.

Dass sich Löfven nun für den Rücktritt entschieden hat, könnte ein Signal für seine Zuversicht auf ein schnelles Comeback sein. Schafft er es, neben den Stimmen von Sozialdemokraten und Grünen auch die Linke und das Zentrum hinter sich zu vereinen, hätte er 175 Stimmen zusammen – exakt so viele, wie im 349 Sitze großen Stockholmer Reichstag für eine Mehrheit notwendig sind.

Lange Zeit hatte es in der schwedischen Politik zwei etwa gleichstarke Lager gegeben: ein linksgerichtetes unter Führung der Sozialdemokraten und ein bürgerliches unter Führung der Moderaten. Seitdem die rechtskonservativen Schwedendemokraten aber an Stärke gewonnen haben, ist die Regierungsbildung deutlich schwieriger geworden. Die zähen Verhandlungen vor zweieinhalb Jahren waren eine Folge davon. Die Zusammenarbeit wurde letztlich über die traditionellen Blockgrenzen hinweg vereinbart – und endete nun recht schnell.

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(dpa/rt)