Von wegen Gipfel mit Russland – Kiew lädt Botschafter Frankreichs und Deutschlands vor

Die Forderung einer Gesprächsinitiative der EU bezüglich Russland von Bundeskanzlerin Merkel und dem französischen Präsidenten Macron hat in Kiew ein Nachspiel. Die Botschafter beider Länder wurden vorgeladen. Laut Kiew stehen nationale Interessen auf dem Spiel.

Auf Anweisung des ukrainischen Außenministers Dimitri Kuleba wurden der deutsche und der französische Botschafter ins Außenministerium der Ukraine geladen, um die Initiative zur Wiederherstellung eines EU-Russland-Gipfels zu besprechen, hieß es am Freitag in einer Erklärung des ukrainischen Außenministeriums. Laut Kiew verstößt diese Initiative "gegen die EU-Sanktionspolitik". Kuleba bezeichnete den Vorschlag Frankreichs und Deutschlands als grobe Verletzung der nationalen Interessen der Ukraine.

Den Angaben zufolge haben die Leiter der ausländischen diplomatischen Vertretungen beteuert, dass dies nur eine Idee war, "die im Zusammenhang mit der Betrachtung der EU-Strategie gegenüber Russland auf dem Europäischen Rat am 24. Juni diskutiert werden sollte", doch wurde diese am Ende nicht unterstützt. Die Botschafter hätten weiter bestätigt, dass Deutschland und Frankreich "unerschütterliche Freunde der Ukraine" sind und dass diese Länder "ihre Bemühungen zur Wiederherstellung der territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine fortsetzen".

Am Mittwoch berichtete die Financial Times unter Berufung auf Quellen in diplomatischen Kreisen, dass Berlin und Paris ein Treffen zwischen den EU-Staats- und Regierungschefs und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vorgeschlagen hätten. Der Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für ein Gesprächsformat mit Moskau war jedoch auf dem EU-Gipfel von Vertretern mehrerer Mitgliedsstaaten abgeschmettert worden. Vor allem Vertreter osteuropäischer Staaten, aber auch andere wie der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte hatten sich Berichten zufolge dagegen ausgesprochen.

Merkel machte keinen Hehl daraus, dass sie ein neues Gesprächsangebot gen Moskau für angebracht gehalten hätte.  "Ich persönlich hätte hier mir einen mutigeren Schritt gewünscht", sagte sie. Merkel verwies darauf, dass auch US-Präsident Joe Biden gerade erst mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin in Genf gesprochen habe, auch, um kontroverse Fragen zu diskutieren. Aus ihrer Sicht sollte die EU souverän agieren und Formate finden, um wieder mit Russland zu reden. "Denn wir wollen ja auch eine geeinte Meinung in unserem Verhältnis bezüglich Russland haben", so Merkel. Derartige Initiativen seien nicht als "Belohnung" zu interpretieren, sondern es habe immer schon, auch unter den schwierigsten Bedingungen, Gesprächskanäle gegeben.

In einer Gipfelerklärung aus Brüssel hieß es, dass die EU-Staats- und Regierungschefs ein "Format und die Bedingungen des Dialogs mit Russland ausloten werden", ein Gipfel wurde nicht erwähnt. Vielmehr soll es laut der Gipfelerklärung vom Freitag "auf jede weitere böswillige, rechtswidrige und disruptive Aktivität Russlands" künftig eine entschlossene und koordinierte Reaktion geben. Dafür werde ein Plan für Strafmaßnahmen erarbeitet, der auch Wirtschaftssanktionen umfasst. Die EU müsse die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente in vollem Umfang nutzen, heißt es in der Erklärung zum Treffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel.

Kuleba nannte die Absage der EU-Staats- und Regierungschefs an den deutsch-französischen Vorschlag zur Wiederaufnahme eines EU-Russland-Gipfels einen Sieg. Der ukrainische Außenminister hatte am Donnerstag gegenüber dem Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell seine tiefe Besorgnis über die Idee der Wiederaufnahme des EU-Russland-Gipfels zum Ausdruck gebracht.

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