Auch ohne eine erneute Verschärfung der ökologischen Ziele der Europäischen Union könnten 215.000 Stellen in der Automobilindustrie der Klimapolitik zum Opfer fallen. Volkswagen sieht sich dahingehend vorbereitet, dass die EU dem Verbrennungsmotor den Kampf angesagt hat. Der Hersteller Audi erklärte, ab 2026 keine neuen Benzin- und Dieselmodelle und auch keine Hybridfahrzeuge auf den Markt zu bringen. Der Konzern will weltweit nur noch E-Autos verkaufen. Bei Mercedes sollen neue E-Autos ab 2023 auf den Markt kommen. Geplant war dies zunächst ab 2024.
Der Umstieg auf die Elektromobilität funktioniere jedoch nur, so der Konzern, wenn es den dafür notwendigen grünen Strom und die Infrastruktur zum Laden der Automobile geben wird. Selbst Plug-in-Hybridfahrzeuge würden mit einer neuen Verschärfung der Klimaziele durch die EU lediglich zur Übergangslösung.
Viele Branchenvertreter sehen in dem bisherigen Ziel der EU zur Reduzierung der Emissionen um 60 Prozent bis 2030 bereits eine rote Linie. Mehr sei für die Industrie schwer zu verkraften. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) warnt vor einem massiven Stellenabbau:
"Die Auswirkungen auf die Arbeitsplätze, gerade im Zuliefererbereich, werden erheblich sein."
Dass die Energiewende Stellen kostet, weist der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss entschieden zurück:
"Wer wie die Union und FDP im EU-Parlament bereits eine Blockade ankündigt, der bedroht nicht nur Zehntausende Arbeitsplätze in der Autoindustrie, sondern sorgt dafür, dass die EU an Innovations- und Wirtschaftskraft verliert."
Das Null-Emissions-Fahrzeug ist ein Mythos
Sollten ab dem Jahr 2035 keine Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden, dann bleibt den Herstellern lediglich die Möglichkeit, diese mit E-Fuels zu betreiben. Aber auch nur dann, wenn die Politik dies zulässt. Verkehrsminister Andreas Scheuer sagte:
"Die Durchsetzung des Verbots des Verbrennungsmotors durch die Hintertür einer unrealistischen CO2-Gesetzgebung ist mit mir nicht zu machen. Wir brauchen auch Plug-Hybridfahrzeuge zum Erreichen unserer Klimaziele."
Der CDU-Abgeordnete Jens Gieseke verweist auf das erst 2019 gesetzte Emissionsziel. Eine neue Verschärfung schaffe keine Planungssicherheit. Auch der SPD-Politiker Ismail Ertug spricht von einem unrealistischen Ziel. Bis 2035 sei es nicht möglich, nur noch Elektrofahrzeuge zu verkaufen.
Innerhalb der EU gilt Norwegen als Vorreiter in der Elektromobilität. Hier sind 60 Prozent der Neuzulassungen E-Fahrzeuge, 15 Prozent Plug-in-Hybride. Die Politik fördert die Anschaffung durch eine Befreiung von der Kfz-Steuer und der Mehrwertsteuer. Fähren dürfen kostenlos genutzt werden, die Straßenmaut entfällt und es gibt besondere Parkplätze mit Ladestationen. Auch andere Länder, wie Großbritannien und Schweden, bieten Zuschüsse. In Frankreich sollen ab 2040 keine Verbrennungsfahrzeuge mehr in den Verkauf gehen. In Deutschland wird die Ladeinfrastruktur noch ausgebaut. Hier hinkt die Bundesrepublik im Vergleich zu Ländern wie den Niederlanden und Norwegen stark hinterher. Für Käufer in Deutschland winken ein Umweltbonus und eine Kfz-Steuerbefreiung bis 2025.
Kritiker eines Umstiegs auf die Elektromobilität sehen hierin wenig gewonnen. Zumal die Produktion der mit Strom betriebenen Fahrzeuge mehr CO2 ausstößt als der von Verbrennungsmotoren und der Strom zum Laden noch immer mehrheitlich aus der Kohleverbrennung stammt. Allein Norwegen hat es geschafft, dass 95 Prozent des Stroms aus Wasserkraftwerken stammt.
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