Wer etwa auf die Tagesschau als wichtige Informationsquelle vertraut, erfuhr in den vergangenen Tagen vor allem einiges über den Kampf der transatlantischen Gemeinschaft für Freiheit und Demokratie in Weißrussland, oder, wie hier auf tagesschau.de, von den Demonstrationen gegen den brasilianischen Präsidenten Bolsonaro – wegen "seines Umgangs mit der Corona-Pandemie".
Was die jüngsten Proteste in London anbelangt, muss man in den sogenannten Qualitätsmedien jedoch nach Berichten suchen wie nach der Nähnadel im Heuhaufen. Unter dem Motto #uniteforfreedom fanden am Wochenende in London u.a. Proteste gegen das Maskenmandat, das sogenannte "Social Distancing" und die mögliche Einführung eines Impfpasses statt. Mutmaßlich auch aufgrund des "Drucks der Straße" herrscht über letzteres Vorhaben auch in den Reihen der britischen Regierung längst kein Konsens mehr.
Anders als etwa in Deutschland äußerten sowohl die Konservative Partei Großbritanniens als auch oppositionelle Abgeordnete und Bürgerrechtsgruppen zuletzt ihre zunehmende Besorgnis über die Aussicht auf sogenannte Impfstoffzertifikate. Bereits im April deutete auch der britische Premierminister Boris Johnson an, dass die Ausstellung der Zertifikate ethische Fragen aufwerfe.
Auch wenn in Großbritannien unlängst Geschäfte und Pubs unter Corona-Auflagen wieder öffnen durften, gingen die Menschen gegen die mutmaßliche "neue Normalität" auf die Straße.
Vertraut man wiederum selbst den spärlichen britischen Berichten über das Ereignis, handelte es sich jedoch höchstens um "einige Hundert" Menschen, die ihren Protest gegen das Corona-Narrativ der britischen Regierung auf die Straße trugen. The London Economic wusste etwa nur zu berichten, dass sich "Hunderte von Menschen" im Zentrum Londons versammelt hätten, um am Samstag gegen die Impfkampagne gegen das Coronavirus zu protestieren".
Sky News befasst sich vor allem mit der Erregung öffentlichen Ärgernissen aufgrund der zumeist jedoch friedlichen Proteste. Dennoch waren es hier immerhin "Tausende" die sich demzufolge versammelten, um gegen die Impfkampagne, aber auch gegen das Gesetz über Polizei, Kriminalität, Strafvollzug und Gerichte (Police, Crime, Sentencing and Courts Bill) zu protestieren. Dabei bezieht man sich in der Sky-Redaktion auf "Kill the bill", das Motto, unter dem in den vergangenen Monaten immer wieder Tausende Menschen auch in der britischen Hauptstadt auf die Straße gingen.
Das Vorhaben der britischen Regierung räumt der Polizei weitere weitreichendere Befugnisse ein. Dazu zählt etwa das Recht, friedliche Demonstrationen bereits einzuschränken, wenn sie nur durch Lärm "die Öffentlichkeit einschüchtern" oder "schweres Unbehagen" auslösen, wie es beim Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) zum Thema hieß. "Bestraft werden können auch Demonstranten, die Beschränkungen nicht befolgen, von denen sie hätten wissen müssen – selbst, wenn keine direkte Anordnung von Beamten vorliegt".
Im März verteidigte die britische Innenministerin Priti Patel "ihren Entwurf" im Parlament wie folgt:
"Wir haben in den vergangenen Jahren erhebliche Veränderungen der Protest-Taktiken gesehen, wobei Demonstranten Schlupflöcher im Gesetz ausgenutzt haben, die zu einem unverhältnismäßigen Maß an Behinderungen geführt haben."
Beim RND wurde der Leser zudem darüber informiert, dass "Bill" nicht nur das englische Wort für einen Gesetzentwurf sei, "sondern auch – als 'Old Bill' – ein Slang-Begriff für die Polizei" verstanden werden könnte.
"Das Motto konnte also auch als 'Tötet die Polizei' gelesen werden."
Und da berichtet dann selbst die BBC. So wusste das traditionsreiche britische Medium am Wochenende der Proteste zu berichten, dass nun acht Personen im Zusammenhang mit Kill-the-bill-Protesten vor Gericht zu erscheinen hätten, "angeklagt wegen verschiedener Vergehen im Zusammenhang mit einem Protest, der in Gewalt endete".
Derweil hat sich längst eine breite zivilgesellschaftliche Front gebildet, für die die Corona-Politik der Regierung und die Ausweitung polizeilicher Befugnisse demselben, mutmaßlich "totalitären" Geist entspringen. Am Wochenende fand man auf den Straßen Londons zusammen.
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