Die Universität Zürich hat in einer Längsschnittstudie untersucht, wie viele Kinder sich an den Züricher Schulen mit dem Coronavirus angesteckt haben und in welchem Grad sich Symptome zeigten und Antikörper entwickelt wurden.
In dem Projekt "Ciao Corona" testeten die Forscher etwa 2.500 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 7 und 17 Jahren an 55 zufällig ausgewählten Schulen im Kanton Zürich auf Antikörper gegen das Coronavirus. Die Tests fanden zu drei Zeitpunkten statt, nämlich im Juni/Juli 2020, im Oktober/November 2020 und im März/April 2021. Die Teilnahme war freiwillig und wurde von einem Fragebogen zum allgemeinen Gesundheitszustand und möglichen Krankheitssymptomen begleitet. Die Forscher geben an, dass "die große Mehrheit der Schüler" an allen Testrunden teilgenommen habe – das erlaube "einen aussagekräftigen Langzeitvergleich".
Das Ergebnis der dritten Testphase zeigt demnach, dass bis April 2021 knapp 20 Prozent der Kinder Antikörper gegen das Coronavirus gebildet haben. Zwei Drittel von ihnen blieben allerdings symptomlos und haben selbst keinerlei Erkrankung bemerkt. Die Projektleiterin Susi Kriemler, Professorin und Leiterin des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention an der Universität Zürich, fasst zusammen: "Somit hat eins von fünf Kindern eine Corona-Infektion durchgemacht". Keines der an der Studie teilnehmenden Schulkinder musste aufgrund einer Corona-Erkrankung ins Krankenhaus.
Insgesamt sei die Infektionsquote bei den Schülern in der Studie von zwei Prozent im Juni 2020 bis auf 19 Prozent im April 2021 angewachsen. Nach Angaben der Forscher ist dieser Infektionsanteil "vergleichbar mit jener der Eltern oder des Schulpersonals". Es haben sich "keine wesentlichen Alters- oder Geschlechtsunterschiede" gezeigt – außer einer etwas geringeren Betroffenheit von Schülern in der Oberstufe.
Aufschlussreich war die Erkenntnis, dass 80 Prozent der Kinder, die sich im Herbst infiziert hatten, auch ein halbes Jahr später noch immer Antikörper im Blut hatten. Kriemler betont:
"Der immunologische Schutz besteht also weiterhin und diese Kinder haben ein tieferes Risiko, wieder angesteckt zu werden."
Der Rückgang der Antikörper bei gut 20 Prozent der Kinder ist laut den Wissenschaftlern vergleichbar mit dem bei Erwachsenen. Bislang ist jedoch unklar, wie lange eine natürliche Immunität bei Kindern anhält. Die Projektleiterin Kriemler argumentiert:
"Es ist möglich, dass Kinder mit durchgemachter Infektion trotz fehlender Antikörper durch andere Abwehrmechanismen des Körpers wie T-Zellen vor einer Wiederansteckung geschützt sind."
Wenig Long-COVID-Symptome und kaum klassenübergreifende Ansteckungen
Ein weiteres Forschungsziel war es, sogenannte Long-COVID-Symptome bei Kindern zu ermitteln – also langfristige Auswirkungen einer Corona-Infektion. Erschwerend sei, dass es derzeit keine verbindlichen Kriterien gebe, welche Symptome sicher als Long-COVID-charakteristisch gelten können.
Das St. Galler Tagblatt schreibt, "ein typisches Symptom wie zum Beispiel Kopfweh ist schwierig einer Ursache zuzuordnen". Dennoch wollen die Forscher ermittelt haben, dass vier Prozent der Kinder mit positivem Antikörpertest auch Symptome aufzeigen, "die mit Long-COVID vereinbar sind" – also solchen, die sich drei Monate oder länger halten. Allerdings gaben die Forscher zugleich bekannt, dass auch zwei Prozent der Kinder ohne Corona-Antikörper angaben, derartige Langzeitsymptome zu haben.
"Für längerdauernde Symptome können also auch andere Gründe verantwortlich sein. Es ist deshalb davon auszugehen, dass etwa zwei Prozent der infizierten Kinder Langzeitsymptome zeigen, die mit COVID-19 in Zusammenhang stehen können."
Erforscht wurde zudem, ob sich Ansteckungen zwischen den verschiedenen Schulklassen in den Daten feststellen lassen. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass es nicht zu starken Übertragungen zwischen den einzelnen Klassen gekommen wäre.
So seien nach Angaben des St. Galler Tagblatt in "der ersten Welle" nur 2 von 100 Schulkassen im Kanton Zürich von Corona betroffen gewesen. In "der zweiten Welle" im Herbst 2020 seien es 6 Klassen gewesen. In "der dritten Phase" stieg der Anteil auf 20 Schulklassen. Dieses Bild entspräche dem "Anteil der Kinder im Gesamten, die eine bemerkte oder unbemerkte Corona-Erkrankung durchgemacht haben". Susi Kriemler resümiert daraus, dass sich die Schüler kaum klassenübergreifend angesteckt haben können.
In Zürich wurden die Schulen im ersten Lockdown im Frühling 2020 für mehrere Wochen geschlossen. In "der zweiten und dritten Welle" blieben sie jedoch offen. Für die Forscher des Projektes "Ciao Corona" der Universität Zürich ist das ein deutlicher Beleg dafür, die Schulen auch im sonstigen Lockdown offen zu halten. Wenn überhaupt, sollten Quarantänemaßnahmen "auf einzelne Klassen und Schulen" beschränkt werden, "anstatt Schulen generell zu schließen".
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