Corona-Impfung in der Schweiz: Auch unter 16-Jährige können "urteilsfähig" sein

Immer jüngere Menschen sollen ihren Beitrag zum "Schutz der Bevölkerung" leisten und sich gegen das neuartige Coronavirus impfen lassen. Impfstoffhersteller haben entsprechende Anträge gestellt. Doch sind Kinder und Jugendliche auch unter 16 Jahren entsprechend "urteilsfähig"?

Mehrere Impfstoffproduzenten stehen in den Startlöchern, um einen immer jüngeren Teil der Bevölkerung gegen SARS-CoV-2 mittels der entsprechenden Vakzine zu "immunisieren". So auch in der Schweiz. Im Kanton Waadt können sich seit etwa zwei Wochen alle Personen ab 18 Jahren für eine Impfung mit einem Corona-Vakzin anmelden. Unabhängig von möglichen Vorerkrankungen soll dies im Kanton Jura schon bald für alle Menschen ab 16 Jahren möglich sein.

Das geht vielen jedoch noch nicht weit genug. So etwa für Anne Lévy, ihres Zeichens Chefin des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) der Schweiz. Wie sie Ende April erklärte, setze man nun alles daran, "dass die Impfung bald auch für Kinder und Jugendliche möglich ist". Voraussetzung sei, dass es auch eine Zulassung gebe. Man verfüge nun über genügend Impfdosen, um diesen Plan ab Sommer umzusetzen. Demzufolge sollten 12- bis 16-Jährige ab Juli und Kinder unter 12 Jahren bis Ende des Jahres gespritzt werden können.

"Die wissenschaftliche COVID-19-Taskforce des Bundes" rate dazu, heißt es bei südostschweiz.ch, "Kinder und Jugendliche zu impfen, sobald Impfstoffe für sie zugelassen sind". Doch es stellt sich "die Frage nach der Notwendigkeit einer Einwilligung zur Impfung durch die Eltern oder erziehungsberechtigte Personen".

Im Internet kursiert ein entsprechendes Schreiben des Bundesamts für Gesundheit, in dem jüngst die Frage aufgeworfen wurde. Das Thema des Schreibens: die Impfeinwilligung bei unter 18-Jährigen.

"Oft wird die geforderte Urteilsfähigkeit der zu impfenden Person fälschlicherweise mit der Volljährigkeit der Person in Verbindung gebracht."

Der Terminus "Kindesalter" sei demzufolge "auslegungsbedürftig". Entscheidend sei die individuelle Urteilsfähigkeit im konkreten Fall. Damit die Urteilsfähigkeit vorliege, müsse das Kind in der Lage sein, "die Tragfähigkeit des Eingriffs für seinen Körper abschätzen" zu können.

Grundsätzlich sei davon auszugehen, "dass eine echte Zustimmung bis 10 Jahre unmöglich erscheint". Im elften Lebensjahr ändere sich das jedoch. Im Schreiben heißt es weiter:

"Zwischen 10-15 Jahren kann ihnen die Fähigkeit nach und nach zugestanden werden und ab 15 Jahren kann die Urteilsfähigkeit vermutet werden, wobei zu prüfen ist, ob dieser Vermutung nichts entgegensteht."

Erst wenn ein Kind oder ein Jugendlicher "urteilsunfähig" sei, sei die Zustimmung der Eltern notwendig. Allgemein könne deshalb "im Zusammenhang mit der COVID-19-Impfung davon ausgegangen werden, dass Jugendliche im Alter von 16 Jahren urteilsfähig sind". Für noch jüngere Semester gelte:

"Selbst wenn die zu impfende Person unter 16-jährig ist, kann sie unabhängig vom Einverständnis der Eltern oder Erziehungsberichtigten einer Impfung zustimmen, sofern sie als urteilsfähig gilt."

Diese Ansicht teilt demzufolge auch Regina Aebi-Müller, Professorin für Privatrecht und Privatrechtsvergleichung an der Universität Luzern. Was eine Corona-Impfung anbelangt, sei erwähnte Urteilsfähigkeit grundsätzlich auch bereits gut informierten zehnjährigen Kindern zuzugestehen. Im konkreten Fall könne sich das Kind daher auch "selbstständig bei einer Fachperson, die die Urteilsfähigkeit einschätzen könne – etwa dem Haus- oder Kinderarzt – für eine Impfung anmelden".

Wie die BAG auf ihrem Internetauftritt erklärt, sei die Impfung von Kindern derzeit nicht vorgesehen. Es fehlten demzufolge noch die entsprechenden Studiendaten für die entsprechenden Altersgruppen.

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