Österreich: Ermittlungen gegen Kanzler Kurz wegen möglicher Falschaussage vor U-Ausschuss

Die sogenannte Ibiza-Affäre und ein deshalb eingeleiteter Untersuchungsausschuss sorgen in Österreich weiterhin für Aufregung. Nun wird gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz ermittelt – wegen möglicher Falschaussagen. Auch ein Kurz-Vertrauter steht im Fokus.

Seit fast einem Jahr läuft in Österreich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss, der die sogenannte Ibiza-Affäre politisch aufarbeiten soll. Auf Antrag der oppositionellen Sozialdemokraten und der liberalen NEOS sollen Korruptionsvorwürfe gegen die damalige Regierung aus konservativer ÖVP und rechter FPÖ untersucht werden. Unter anderem geht es um mutmaßliche Käuflichkeit einiger politischer Akteure, mögliche Postenschacher und den etwaigen Einfluss von Parteispenden auf politische Entscheidungen zur Zeit der ÖVP-FPÖ-Regierung.

Nun wurde bekannt, dass die österreichische Justiz gegen den ÖVP-Vorsitzenden und Bundeskanzler Sebastian Kurz wegen mutmaßlicher Falschaussage im U-Ausschuss ermittelt. Ins Visier der Behörden ist jüngst auch der Finanzminister und Kurz-Vertraute Gernot Blümel geraten.

Kurz selbst bestätigte am Mittwoch Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Auch gegen seinen Kabinettschef Bernhard Bonelli wird ermittelt. Einen Rücktritt schloss Kurz aus, da er davon ausgehe, dass sich die Vorwürfe auflösen werden.

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters:

"Es gab mehrere Anzeigen, es betrifft den Vorwurf der Falschaussage als Auskunftsperson vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss im Zusammenhang mit der Errichtung der ÖBAG."

Die ÖBAG – Österreichische Beteiligungs AG – steuert als öffentliche Holding staatliche Beteiligungen an mehreren Unternehmen, darunter auch einige börsennotierte. Auch gegen ÖBAG-Chef Thomas Schmid wird ermittelt. Die Vorgänge rund um seine Ernennung zum Chef der Staatsholding waren ein Thema im U-Ausschuss.

Laut der Anzeige der NEOS, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt, haben Kurz und sein Kabinettschef im Ausschuss bestritten, dass es politische Absprachen bei der Besetzung von Schmid als Chef der ÖBAG-Holding gegeben habe. Der oppositionellen Partei zufolge liegen der Staatsanwaltschaft Chatprotokolle vor, die das Gegenteil beweisen sollen. Einige Nachrichten von Kurz, Schmid und Blümel sind österreichischen Medien inzwischen auch zugespielt worden. Sie erwecken den Eindruck, dass man sich in der ÖVP über Schmids zukünftige Rolle sicher war – und das schon einige Monate bevor der unabhängige ÖBAG-Aufsichtsrat im März 2019 die Personalentscheidung fällte.

Laut einem Bericht der österreichischen Tageszeitung Standard sei es damals etwa ein offenes Geheimnis gewesen, dass Schmid, der damals Kabinettschef im Finanzministerium war, gern den Posten haben wolle. Demnach soll er gar selbst mit Mitarbeitern aus dem Kabinett am Ausschreibungstext für die Position gearbeitet haben, um sich später dann für den Posten zu bewerben. Er hatte sogar ein Mitspracherecht bei der Besetzung des Aufsichtsrats – der ihn später auch zum ÖBAG-Chef ernannte.

Auch die Bestellung des Aufsichtsrates wirft Fragen auf. Bei einem der Mitglieder soll es sich demnach um einen ÖVP-Spender handeln.

Kurz betonte, er habe sich stets bemüht, die Fragen im Parlament wahrheitsgemäß zu beantworten. Er kritisierte, dass im U-Ausschuss versucht werde, Worte im Mund umzudrehen und Menschen "irgendwie in eine Falschaussage hineinzudrängen".

Die ÖVP-FPÖ-Regierung war von Dezember 2017 bis Mai 2019 im Amt, als es zu der "Ibiza-Affäre" gekommen war. Seitens deutscher Medien – Spiegel und Süddeutsche Zeitung – wurden Teile aus einem heimlich aufgenommenen Video mit dem damaligen Vizekanzler des Landes und FPÖ-Chef, Heinz-Christian Strache, veröffentlicht. Auf dem Material, das in einer Villa auf der spanischen Insel Ibiza aufgenommen wurde, waren unter anderem Andeutungen möglicher fragwürdiger Spenden an die Parteien.

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