Erst standen die Flugzeuge in Europa fast völlig still, dann erholte sich der Luftverkehr im Sommer 2020 etwas, dann brach er erneut ein. Derzeit befördern die Airlines nur noch rund 10 bis 20 Prozent ihrer normalen Passagierzahlen. Tausende Flugzeuge stehen eingemottet am Boden. Die Lufthansa hat etwa 1.200 von 5.500 Piloten zu viel an Bord. Sie sind noch bis März 2022 vor Entlassungen geschützt und erhalten Kurzarbeitergeld.
Bei der staatlich mit Milliardenbeträgen der Steuerzahler gestützten Lufthansa bedeutet das für die Piloten: weniger fliegen, weniger Gehalt. Von August galten die Gehaltskürzungen von bis zu 20 Prozent als Sanierungsbeitrag für die Lufthansa. Die gelten auch für die Cargo-Piloten – aus Solidarität.
Bei anderen Airlines wurde gnadenlos gefeuert. In Deutschland wurden Sun Express Deutschland und Germanwings zugemacht. Derzeit ist weltweit nur rund die Hälfte der Piloten selten im Einsatz, damit diese ihren Job nicht verlernen. Die Europäische Pilotenvereinigung schätzt, dass von 65.000 Piloten in Europa etwa 18.000 ihren Job verlieren werden. Sie werden auch in Asien, Amerika und Nahost keine neue Stelle finden.
Nur wenige sitzen derzeit in den Cockpits der Frachtflugzeuge. Seit Ausbruch der Pandemie boomt zwar die Luftfracht, auch weil die alten Lieferketten nicht mehr wie gewohnt funktionieren. Alle verfügbaren Frachtmaschinen sind unterwegs, die Lufthansa hat sogar die Ausmusterung älterer Modelle erst mal verschoben, ungenutzte Passagiermaschinen wurden zeitweise zu Frachtfliegern umgewidmet. Lufthansa Cargo hat 2020 kräftig Gewinn gemacht, im Gegensatz zu den Milliardenverlusten der Passagiersparte.
Dabei ist eigentlich der Bedarf an Piloten nicht nur durch das höhere Aufkommen von Luftfracht, sondern auch durch die Quarantäneauflagen in den Zielländern gestiegen. In China etwa bleiben die Piloten im Flugzeug und übernachten nicht mehr im Hotel. Denn bei der Einreise wird ein Corona-Test gemacht. Fällt dieser positiv aus, müssten sie 14 Tage in Quarantäne. Bis dahin wird die Maschine stillstehen, was Geld kostet. Stattdessen wird nur Fracht aus- und eingeladen, dann geht es weiter. Doch die Frachtfliegerei ist nicht jedermanns Sache.
Die europäische Cockpitvereinigung ECA kommt auf 15.000 bedrohte oder schon verlorene Pilotenjobs in Europa. Mit geschätzt 6.500 Stellen entfällt dabei der größte Anteil auf Piloten, die schon vor der Krise in unsicheren, atypischen Beschäftigungsverhältnissen unterwegs waren. Wie bei Auftragslücken in der Industrie mussten Leiharbeiter (Contract Pilots) als erste gehen.
Dazu kommen die Leidtragenden von Airline-Pleiten wie bei Flybe, Air Italy oder der deutschen Luftverkehrsgesellschaft Walter (LGW). Die Ryanair-Tochter Lauda schloss rabiat die Basen in Stuttgart und Düsseldorf. Bei der Sanierung der Norwegian gingen deren Crew-Agenturen in die Insolvenz, und rund 1.600 Piloten verloren ihre Anstellung mit ungewisser Wiedereinstellung.
Die von der Corona-Krise hart getroffene Lufthansa und die Vereinigung Cockpit (VC) einigten sich auf einen längerfristigen Krisentarifvertrag bis mindestens Ende März 2022, wie die Gewerkschaft mitteilte. Lufthansa bestätigte die Vereinbarung. Cockpit zufolge wird unter anderem die Kurzarbeit der Piloten bis Ende 2021 verlängert. Im Gegenzug erhalten die Piloten den Gewerkschaftsangaben zufolge einen Kündigungsschutz bis zum Laufzeitende der Krisenvereinbarung, die der Konzern bis Ende Juni 2022 verlängern kann. Zudem gebe es einen mit 24 Millionen Euro gefüllten Topf zur Finanzierung sozialverträglicher Maßnahmen im Falle eines Personalabbaus.
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