Europa öffnet sich partiell – Deutschland denkt über "Brücken-Lockdown" nach

Überall in Europa geht man mit dem Virus und den Beschränkungen im Frühling leichter um als im Stammland des BioNTech-Erfinders Uğur Şahin. Hier mahnen Landesministerpräsidenten wie Armin Laschet (NRW) zu einem Brücken-Lockdown aus Angst vor der dritten Welle.

Während überall in Europa geimpft wird, fallen die Deutschen in dieser Disziplin auf einen eher hinteren Platz. Auch an der psychologischen Front ist manchen Ministerpräsidenten möglicherweise nicht vollständig bewusst, welche fatale Wirkung das Wort "Lockdown" für die Bundesbürger seit einem Jahr ausübt. Der CDU-Vorsitzende und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet will diese Woche mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beraten und einen sogenannten "Brücken-Lockdown" beschließen, um die Infektionszahlen zu drücken. Unterdessen gehen unsere Nachbarn in Europa überraschend andere Wege. 

England: Der britische Premierminister Boris Johnson will am Montag, den 12. April, in ein Pub gehen und "vorsichtig, aber unwiderruflich, ein Bier an seine Lippen führen." Das sagte Johnson am Ostermontag in London. Von kommender Woche an dürfen in England Pubs ihre Biergärten und Restaurants ihre Außenbereiche wieder öffnen – das gleiche gilt auch für Zoos, Fitnessstudios, Friseure und nicht-essenzielle Geschäfte. Die Infektionslage in Großbritannien hat sich in den vergangenen Wochen deutlich entspannt – die Sieben-Tage-Inzidenz lag zuletzt bei 44 Fällen pro 100.000 Einwohner.

Mallorca: Die Ministerpräsidentin der Balearen, Francina Armengol, verfolgt einen konsequenten Plan aus Hygiene-Strenge und kontrollierter Öffnung. Mallorca wird ein Corona-Musterbeispiel. Entgegen mancher Befürchtung meldet Mallorca auch nach vorsichtiger Öffnung für deutsche Urlauber niedrige Corona-Inzidenzwerte. Die Infektionszahlen liegen seit Wochen konstant unter einer 7-Tages-Inzidenz von 30 – am Ostermontag waren es genau 26,7. Seit zwölf Tagen ist niemand mehr an COVID-19 gestorben, nur noch zehn Prozent der Intensivbetten sind mit COVID-19-Patienten belegt, die Positiv-Testrate ist über Ostern auf 0,98 Prozent gefallen.

Dänemark: Seit heute dürfen Dienstleister wie Friseure, Tätowierer, Masseure und Kosmetiker fast im gesamten Land wieder Kunden bedienen, auch Sonnenstudios und Fahrschulen dürfen wieder öffnen. Kunden sollen aber auf ihrem Smartphone einen maximal 72 Stunden alten negativen Corona-Test, eine Impfung gegen COVID-19 oder eine überstandene Infektion vorzeigen können. An den Schulen herrscht wieder Präsenzunterricht – zumindest teilweise. Ausgenommen von den Lockerungen sind einige wenige Gemeinden, in denen die Neuinfektionszahlen derzeit zu hoch sind.

Griechenland: Seit Ostermontag dürfen in vielen Regionen Griechenlands Geschäfte wieder öffnen. Doch nicht ohne Auflagen: Kunden müssen sich etwa per SMS anmelden. Ausgenommen sind wegen hoher Corona-Zahlen die nordgriechischen Städte Thessaloniki und Kozani sowie die Stadt Patras auf der Halbinsel Peloponnes. Auch darf nicht unbegrenzt geshoppt werden, vielmehr ist der Gang ins Geschäft mit etlichen Auflagen verbunden. Um den Einzelhandel zu besuchen, müssen Verbraucher zunächst eine SMS mit ihrem Namen an den griechischen Zivilschutz senden. Die SMS ist drei Stunden gültig und darf nur einmal pro Tag genutzt werden. In den Läden ist Kartenzahlung Pflicht, auch darf nur einkaufen, wer zuvor einen Termin vereinbart hat. Erlaubt ist ein Kunde je 25 Quadratmeter Ladenfläche bei maximal 20 Kunden gleichzeitig. Große Häuser haben bereits angekündigt, nicht zu öffnen, weil es sich nicht lohne; allerdings können Kunden bestellte Ware vor der Tür abholen.

Portugal: Im Zuge sinkender Neuinfektionen hat der frühere Corona-Hotspot Portugal Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie weiter gelockert. Seit Montag dürfen Gastronomiebetriebe wie Cafés, Kneipen und Restaurants erstmals nach gut zweieinhalb Monaten wieder Gäste empfangen. Allerdings nur in den Außenbereichen und nur bis 22.30 Uhr an den Werktagen sowie bis 13 Uhr an den Wochenenden und Feiertagen. Zudem dürfen die rund 10,3 Millionen Bürger des Landes den jeweiligen Wohnbezirk wieder verlassen, ohne einen "triftigen Grund" dafür angeben zu müssen. Auch Museen und Galerien, Läden mit einer Verkaufsfläche von höchstens 200 Quadratmetern, Fitnesszentren sowie Straßenmärkte dürfen nun unter strengen Auflagen wieder öffnen. Für Schüler mehrerer Jahrgänge gibt es wieder Präsenzunterricht. Bereits vor drei Wochen waren erste Lockerung gestattet worden, unter anderem für Friseure und Buchläden.

Italien: In Italien sind am Montag in 16 der 20 Regionen des Landes weitgehende Lockerungen des wochenlangen Teil-Lockdowns in Kraft getreten. In den "gelben Zonen" dürfen Restaurants und Bars von mittags bis abends um 18 Uhr wieder öffnen, es dürfen aber höchstens vier Personen an einem Tisch sitzen. Bis 22 Uhr können Restaurants Speisen noch zum Mitnehmen anbieten. Einzelhandelsgeschäfte dürfen bis 20 Uhr geöffnet bleiben. Auch die Museen sind seit Montag in den "gelben Zonen" wieder geöffnet – in Florenz etwa die Uffizien und in Rom die Vatikanischen Museen. Fitnesszentren, Schwimmbäder, Theater und Kinos bleiben weiter geschlossen. Im ganzen Land gilt zudem weiter die Ausgangssperre gilt von 22 Uhr bis 5 Uhr. Die Skigebiete werden voraussichtlich am 15. Februar öffnen. Reisen über die Grenzen der Region des Wohnsitzes hinweg bleiben weiter untersagt, sodass selbst der inländische Fremdenverkehr weiter faktisch stillgelegt bleibt. Zu "gelben Zonen" mit einem gemäß Corona-Ampel geringen Infektionsrisiko wurden unter anderenmke norditalienische Region Lombardei sowie Kampanien mit der Hauptstadt Neapel erklärt. Als "orangefarbene Zonen" mit einem erhöhten Infektionsrisiko gelten vorerst weiter die autonome Provinz Südtirol sowie die Regionen Umbrien und Apulien sowie Sardinien und Sizilien. Dort bleiben etwa Gastronomiebetriebe geschlossen, in Einkaufszentren müssen an Wochenende Einzelhandelsgeschäfte weiter geschlossen bleiben.

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