Eine Reihe pandemiebedingter Schließungen von Bildungseinrichtungen in Großbritannien hat viele Kinder im Lernprozess zurückgeworfen. Voraussichtlich mehr als 200.000 Grundschüler werden beim Wechsel in die weiterführenden Schulen diesen Herbst mangelnde Lesekompetenz aufweisen, berichtete die Zeitung The Times unter Berufung auf unveröffentlichte Regierungsstatistiken. Im Vergleich zum Vorjahr nahm demnach die Zahl der Kinder, die in Großbritannien mit Leseproblemen zu kämpfen haben, um rund 30.000 zu.
Der bedauerlichen Entwicklung will Premierminister Boris Johnson nun mit einem Vier-Jahres-Notfallplan entgegenwirken. Wie das Blatt aus hochrangigen Regierungsquellen erfuhr, stufte der Regierungschef die Angelegenheit sogar zur zweitobersten Priorität nach der nationalen Corona-Impfkampagne herauf. Sie soll außerdem mindestens bis zur nächsten Wahl im Fokus der Regierung bleiben, hieß es.
In einem Bericht der Kinderbeauftragten Rachel de Souza, der der Zeitung vorliegt, heißt es, dass jeder Schüler im Verlauf der Pandemie im Durchschnitt 19 Wochen Schulunterricht hat einbüßen müssen. Die Kinderbeauftrage setzt sich in der Folge verstärkt für ein umfassendes Krisen-Aufholprogramm für Schulen ein:
Wir haben den Kindern ein großes Opfer abverlangt, um das Virus unter Kontrolle zu bringen. Und jetzt müssen wir ihnen etwas zurückgeben.
Premier Johnson selbst hatte sich bereits auf einer Pressekonferenz am 23. März besorgt über die wachsende Bildungskrise geäußert. Er sensibilisierte die Regierung für die Dringlichkeit des Problems:
Es ist der Verlust des Lernens für so viele Kinder und junge Menschen, auf den wir uns als Gesellschaft jetzt konzentrieren müssen.
Während die Regierung beim Nachhilfeunterricht vor allem auf die Verlängerung der Lernzeiten baut, befürchten die Kritiker der Initiative hierdurch erhebliche Überlastungen bei den Lehrkräften. Sie rufen dazu auf, mehr Lehrer einzustellen.
Es blieb zunächst unklar, wann genau die Regierung des Landes ihren Notfallplan offiziell vorstellen will. Eine große Ansprache des Premierministers wird allerdings erst nach der Rede der Königin zur Parlamentseröffnung am 11. Mai erwartet.
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