Vor Kurzem haben Sie sich für den Einsatz des russischen Impfstoffes Sputnik V ausgesprochen. Was spricht für das russische Vakzin?
Es gibt viele gute wissenschaftliche Daten zum Vakzin Sputnik V. In der im Februar veröffentlichten Publikation in The Lancet wird die Wirksamkeit des Impfstoffes mit 91,6 Prozent angegeben. Der Impfstoff ist in mehr als 50 Ländern zugelassen, viele Länder setzen ihn bereits ein. Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA prüft seit Anfang März in einem Rolling-Review-Verfahren den Impfstoff, um eine mögliche Zulassung zu beschleunigen. Dass die Impfkampagne hierzulande Fahrt aufnehmen muss, ist klar. Wir befinden uns in der dritten Welle und es mangelt an Impfstoff. Dabei müsste das Impftempo in Deutschland jetzt massiv erhöht werden, Ziel sollten 500.000 Impfungen pro Tag sein. Durch zu langsames Impfen riskieren wir noch größere Schäden der Wirtschaft. Inzwischen fordern auch die Ministerpräsidenten mehrerer Bundesländer den Einsatz von Sputnik V und der Chef der Ständigen Impfkommission STIKO hat das Vakzin kürzlich als guten Impfstoff bezeichnet. Das sehe ich genauso und würde mich selbst auch mit Sputnik V impfen lassen. Russische Forscher haben schließlich viel Erfahrung und eine hohe Expertise in der Entwicklung von Impfstoffen. Wir sind seit mehr als 20 Jahren in Russland mit unseren Arzneimitteln vertreten und ich kenne viele herausragende Wissenschaftler und Ärzte dort persönlich. Sie sind Spitzenmediziner in ihren jeweiligen Fachgebieten.
Vor einigen Tagen hat Thierry Breton, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, verlautbart, dass er keinen Bedarf an Sputnik V in der EU sieht. Wie stehen Sie dazu?
Jeder Impfstoff mit guten Daten, der von der EMA hinsichtlich Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität geprüft und anschließend zugelassen wurde, wird uns helfen, die Corona-Pandemie zu bekämpfen. Wir brauchen gerade in dieser schwierigen Phase der Impfstoffknappheit einen wissenschaftlichen, faktenbasierten Dialog aller Beteiligten – ohne politische Vorbehalte.
Kann man die Verbreitung des Coronavirus in der EU ausschließlich mit den Impfstoffen eindämmen, die bereits in der EU produziert werden?
Hierzu kann ich keine Einschätzung abgeben. Jedoch ist davon auszugehen, dass sich mit jedem weiteren Vakzin, das in der EU zugelassen wird, die Versorgungssituation insgesamt bessern wird.
Trotz lauter Forderungen aus der Politik, den russischen Impfstoff schnellstmöglich in der EU zuzulassen, zögert man mit der Bestellung von Sputnik V. Bei anderen Vakzinen gab es solche Zurückhaltung nicht. Woran liegt es?
Wir sind ein Unternehmen der Gesundheitsbranche und mischen uns nicht in politische Sachverhalte ein. Für uns steht die Versorgung der Patienten mit pflanzlichen Arzneimitteln im Vordergrund. Gleichwohl sehe ich es als ein positives Signal, dass die Bundesregierung letzte Woche die EU-Kommission dazu aufgefordert hat, die Verhandlungen über eine gemeinsame europäische Bestellung von Sputnik V zu beginnen.
Kann man nach dem ursprünglichen Gegenwind gegen Sputnik V mit dem Vertrauen der Menschen gegenüber dem Impfstoff rechnen?
Davon gehe ich fest aus. Sputnik V ist aus meiner Sicht ein guter Impfstoff mit entsprechenden wissenschaftlichen Daten. Wichtig ist immer eine professionelle und allgemein verständliche Kommunikation der Forschungsergebnisse. Wenn die EMA das Vakzin zulässt und auch das Paul-Ehrlich-Institut grünes Licht gibt, würden sich mit Sicherheit viele Menschen in Europa und Deutschland damit impfen lassen, mich inbegriffen. Impfungen sind der Schlüssel zu schrittweisen Lockerungen und wieder mehr Normalität, die sich jeder von uns herbeisehnt.
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