In Schweden wird mittlerweile das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes zum Symbol gegen die schwedische Politik in der Corona-Krise. Die Maskenträger stellen damit öffentlich ihre Kritik an dem Kurs der Regierung zur Schau. Der Top-Virologe der schwedischen Gesundheitsbehörde Anders Tegnell betont weiterhin, dass sein Land keine Masken-Politik befürworte, bezeichnet jedoch die derzeitige Situation als "besorgniserregend". Wichtiger, so Tegnell, bleibe das Abstandhalten. Nur vereinzelt gibt es eine Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Nach mehr als einem Jahr Pandemie hat Schweden bislang keinen Lockdown angeordnet. Gesetze, die dies ermöglichen würden, sind allerdings inzwischen verabschiedet worden. Die schwedischen Nachrichten sprechen von steigenden Zahlen an positiv Getesteten und einer sich weiter verschlechternden Situation. In den letzten zwei Wochen ist die Zahl der positiv auf das Coronavirus getesteten Personen um 18 Prozent gestiegen. Landesweit sind es über 600 Fälle pro 100.000 Einwohner. In 20 von 21 Regionen befinden sich Patienten aufgrund einer COVID-19-Erkrankung in intensivmedizinischer Behandlung. In den meisten Regionen soll sich die britische Virusvariante ausgebreitet haben. Seit Beginn der Pandemie wurden rund 13.000 Todesfälle gemeldet, die im Zusammenhang mit einer COVID-19-Infektion stehen sollen.
Ende des letzten Jahres verhängte die schwedische Regierung einige Restriktionen, die auch weiterhin gelten oder ausgeweitet wurden. Im Freien dürfen sich nicht mehr als acht Personen treffen, Restaurants und Bars schließen um 20.30 Uhr, Kulturveranstaltungen und Freizeiteinrichtungen wurden weitestgehend geschlossen. Die Bevölkerung wird ermahnt, die Innenstädte zu meiden, und die Zahl der Besucher in Geschäften wird begrenzt.
Die Äußerung des schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven von Ende Februar, wonach bestehe kein Zusammenhang zwischen den Maßnahmen der Politik gegen das Coronavirus und deren Wirkung bestehe, führt nun wieder zu Diskussionen in den sozialen Netzwerken. Wörtlich hatte Löfven erklärt:
"(...) wir können keine direkte Verbindung zwischen gezielten Maßnahmen und Ergebnissen sehen. Wir beobachten Länder mit gleichen Maßnahmen aber unterschiedlichen Ergebnissen, wir sehen Länder mit unterschiedlichen Maßnahmen und gleichen Resultaten. Also denke ich, wie wir es auch zu Beginn schon gesagt haben, es ist ein Marathon."
Teile der Bevölkerung werfen ihm vor, dass die geltenden Einschränkungen zu einer hohen Arbeitslosenquote geführt hätten:
"Stefan Löfven zerstört effektiv die Restaurant- und Gastronomiebranche."
Tausende junge Menschen seien arbeitslos, und das tragischste dabei sei, dass es nicht weniger Corona-Tote gäbe.
Andere sehen Löfven in einer Reihe mit dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, dem britischen Premierminister Boris Johnson und dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro. Während Trump und Johnson letztlich ihrer Bevölkerung ein gutes Impfprogramm beschert hätten, hinkten Löfven und Bolsonaro hinterher.
In Deutschland ist die Vorgehensweise anders als in Schweden. Hier wurde der Lockdown aufgrund der gemeldeten Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) verlängert. Verwiesen wird bei den Maßnahmen auf den 7-Tage-Inzidenzwert, denn dieser liegt bundesweit über der Marke 100. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach nach dem letzten Corona-Gipfel von einer völlig neuen Situation. Das Virus sei gefährlicher und ansteckender geworden.
Schweden steht wie Deutschland im weltweiten Impfwettlauf ziemlich weit hinten. Rund eine Million Menschen in Schweden haben bisher mindestens eine erste Impfdosis gegen das Coronavirus erhalten. Bis zur Mitte dieses Jahres sollen etwa fünf Millionen Schweden und damit jeder zweite Einwohner des Landes geimpft worden sein.
Über die Osterfeiertage soll es in Schweden – trotz des steigenden Trends positiv Getesteter – keine neuen Restriktionen geben.
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