In der Corona-Krise setzt man nun auch in der Schweiz auf Schnelltests: Ende Januar gab der Bundesrat bekannt, dass er die Kosten für die Antigen-Tests in Höhe von einer Milliarde Franken (etwa 921 Millionen Euro) übernimmt. Zum Einsatz kommen die Tests vor allem in Alten- und Pflegeheimen, an Schulen, in Hotels und Betrieben.
Doch wie Recherchen des Nachrichtenportals NAU ergaben, läuft die daraus resultierende Berechnung der Positivitätsrate alles andere als professionell ab: Die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) veröffentlichte Positivitätsrate ist verfälscht, da negative Testergebnisse nicht oder nur teilweise in die Statistik einfließen.
Nach Aussage eines Pressesprechers des Gesundheitsamtes werden nur die positiven Ergebnisse in der Statistik erfasst. Negative Testresultate der Massentests an Altenheimen, Schulen und Hotels fließen nicht in die Statistik ein – damit die Datenerfassung möglichst "kosteneffizient" stattfinden kann. Doch auf diese Weise wird die täglich veröffentlichte Positivitätsrate deutlich überschätzt. Auch das Bundesamt für Gesundheit bestätigte auf Anfrage des Nachrichtenportals:
"Infolgedessen ist die derzeit messbare Positivitätsrate eine Überschätzung der tatsächlichen Positivitätsrate."
Weiterhin führt die Behörde aus, dass das "gezielte Nachtesten von positiven Antigen-Tests" den Anteil der positiven Tests tatsächlich erhöhen kann, denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Test durch eine PCR bestätigt wird, sei hoch.
In der Schweiz sorgte dies für einigen Aufruhr, denn die überschätze Positivitätsrate ist für ganze Branchen problematisch. Gesundheitsminister Alain Berset zufolge kann beispielsweise die Gastronomie erst unter einer Positivitätsrate von fünf Prozent wieder öffnen. Auch Schweizer Politiker kritisierten die Versäumnisse des Bundesamtes für Gesundheit scharf. FDP-Nationalrat Marcel Dobler bezeichnete das Ignorieren der Negativ-Tests in der Statistik als "bewusste politische Einflussnahme":
"Weil die COVID-Zahlen stark sinken, wird das BAG kreativ, um die zögerlichen Lockerungen zu rechtfertigen."
Der oberste Schweizer Kantonsarzt Rudolf Hauri räumte zwar ein, dass die Positivitätsrate nicht mehr aussagekräftig sei, wenn man die gesamte Anzahl an durchgeführten Tests nicht mehr abschätzen kann. Doch die Positivitätsrate sei nur "ein Faktor von mehreren" zur Lagebeurteilung.
Allerdings kam es erst kürzlich bei einem der anderen "Faktoren" ebenfalls zu Unstimmigkeiten: Das BAG musste den von der Eidgenössischen Technischen Hochschule geschätzten R-Wert, der ebenfalls als Entscheidungskriterium für die Schließung ganzer Branchen gilt, in den letzten Wochen ebenfalls massiv nach unten korrigieren. Obwohl die Zahl der positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Personen massiv nach unten ging, wies das Gesundheitsamt täglich einen Wert von etwa 1,00 aus. Auch dies sorgte für gewaltigen Ärger im Bundesrat: SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi forderte im Rahmen dieser Affäre auch den Rücktritt von Gesundheitsminister Berset, denn es "könne nicht sein, dass die Regierung die Bevölkerung aufgrund offensichtlicher falscher Daten einsperre".
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