Eigentlich ist in Frankreich die Partei von Marine Le Pen, Rassemblement National, für islamkritische Töne zuständig – doch bei einer TV-Debatte auf dem Sender France 2 am Donnerstag zwischen Le Pen und dem französischen Innenminister Gérald Darmanin kam es kurzzeitig, so schien es zumindest, zu einem skurrilen Rollentausch.
Darmanin warf der Parteivorsitzenden von Rassemblement National wörtlich vor, sie sei, was die Diabolisierung des Islam betreffe, "weich" geworden und müsse wieder "Vitamine nehmen". Le Pen sage, "dass der Islam nicht einmal ein Problem sei", so der Innenminister in seiner provokanten Breitseite gegen Le Pen.
Die offensichtlich überraschte Le Pen setzte daraufhin auf eine Verteidigung der Glaubensfreiheit an und machte die Szene somit komplett zu einer ungewöhnlichen Veranstaltung. Der Islam sei "eine Religion wie jede andere", erklärte Le Pen und ergänzte, dass sie nicht bereit sei, seine Anhänger mit strafenden Vorschriften zu lähmen. "Ich kann bestätigen, dass ich nicht die Absicht habe, den Islam anzugreifen", so Le Pen.
Sie begründete ihre Haltung mit der Verbundenheit zu den Werten der Französischen Republik, die totale Religionsfreiheit garantierten. Doch damit nicht genug – Le Pen kritisierte auch die Politik der Regierung im Hinblick auf ihren Umgang mit dem Islam. Die Regierung versuche, wegen einiger weniger Islamisten die Freiheit aller einzuschränken, so die Politikerin. Hintergrund der Debatte zwischen den beiden Politikern sind die fortdauernden Bemühungen der französischen Regierung, energischer gegen islamistische Tendenzen in der Gesellschaft vorzugehen.
Doch man könnte den unterhaltsamen Auftritt auch als Aufgalopp zum Wahlkampf für die kommenden Präsidentschaftswahlen in 2022 werten. Le Pen kündigte an, wieder gegen Emmanuel Macron zu kandidieren. Laut dem Nachrichtenportal Politico hatte Le Pen (26 Prozent) in den Umfragen am 28. Januar noch einen leichten Vorsprung auf den amtierenden Präsidenten Macron (24 Prozent).
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