England: Wegen COVID-19 warten fast 200.000 Menschen seit mehr als einem Jahr auf OP

England gehört zu den am stärksten vom Coronavirus betroffenen Ländern. Zahlreiche Kliniken warnten vor einem Kollaps des Systems. Einem Bericht zufolge müssen fast 200.000 Briten wegen der COVID-19-Pandemie bereits länger als ein Jahr auf OP warten.

Das staatliche Gesundheitssystem in England hatte auch vor der COVID-19-Pandemie mit Überlastung und Personalmangel zu kämpfen. Es galt laut Kritikern der politischen Maßnahmen als kaputtgespart. Die konservativen Regierungen von David Cameron und Theresa May hatten seit 2010 Gelder gekürzt. Auch vor dem Coronavirus hatten Kritiker oft vor dramatischer Lage in den Klinken gewarnt. Der staatliche Gesundheitsdienst National Health Service (NHS) hatte bereits im Winter 2018 eine schwere Krise erlebt. Grund war damals der rapide Anstieg an Grippe-Erkrankten gewesen, der letztlich zu überfüllten Behandlungsräumen geführt hatte. Zehntausende Operationen mussten damals verschoben werden, um freie Betten und verfügbares Personal zu schaffen.

Durch die COVID-19-Pandemie verschärfte sich die Lage nur weiter. Laut einem Bericht des britischen öffentlich-rechtlichen Senders BBC müssen fast 200.000 Briten bereits seit mehr als einem Jahr auf Operationen warten. Ihre Anzahl sei seit Beginn der Pandemie von 1.613 auf aktuell 192.000 Patienten gestiegen. In ihrem Bericht beruft sich die BBC auf den Verband NHS Providers, der die Interessen der Beschäftigten im NHS und anderen medizinischen Diensten vertritt.

Die Behörden im Land meldeten am Sonntag 587 weitere Todesfälle in Zusammenhang mit dem Coronavirus und 21.088 neue Corona-Befunde. Am Vortag wurden 1.200 weitere Todesfälle und mehr als 23.000 Neu-Befunde verzeichnet. Derzeit werden in britischen Kliniken mehr als 34.000 Patienten mit COVID-19 behandelt, mehr als 3.800 von ihnen werden künstlich beatmet. Auf dem Höhepunkt der ersten Welle im April 2020 waren 21.684 COVID-Patienten im Krankenhaus. 

Dem Gesundheitsdienst zufolge nimmt zwar die Zahl der Neueinweisungen in die Krankenhäuser nun langsam ab, doch der Druck auf den Intensivstationen bleibe weiterhin extrem hoch. Die Kliniken arbeiteten so hart wie möglich daran, den Rückstau an Eingriffen abzuarbeiten, hieß es von NHS Providers. Akute Fälle, die verschoben wurden, einschließlich einer kleinen Anzahl an dringenden Krebsoperationen, hätten dabei Priorität.

Doch NHS Providers verwies darauf, dass allerdings viele Beschäftigte angesichts der derzeit hohen Belastung gefährdet seien, an Burnout zu erkranken. Dem BBC-Bericht zufolge ergab eine jüngst veröffentlichte Umfrage, dass viele Krankenhausmitarbeiter, die während der ersten Pandemie-Welle die schwersterkrankten COVID-19-Patienten behandelt hatten, sich von den Erfahrungen in dieser Zeit traumatisiert fühlten. Fast die Hälfte der Befragten habe demnach über Symptome wie schwere Angstzustände, Depressionen, posttraumatische Belastungsstörungen oder Alkoholprobleme berichtet.

Den Kollaps des Gesundheitssystems während der zweiten Welle versucht die Regierung nun, mit Millionen Impfungen zu vermeiden. Allein am Samstag wurden nach offiziellen Angaben im Vereinigten Königreich knapp 600.000 Impfdosen verabreicht. Die Zahl der Erstimpfungen stieg damit auf knapp neun Millionen. Bereits eine zweite Dosis haben demnach rund 490.000 Menschen erhalten. 

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