"Auch nach der russischen Verfassung hat in Russland jeder das Recht, seine Meinung zu äußern und zu demonstrieren", verkündete der SPD-Politiker am Montag zu Beratungen mit EU-Kollegen in Brüssel.
Das Land habe sich zur Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien verpflichtet. Deshalb erwarte man, dass diejenigen, die friedlich protestiert hätten, unverzüglich wieder freigelassen werden.
Bei den wegen der Corona-Krise nicht genehmigten Demonstrationen für die Freilassung des vor einer Woche inhaftierten Politbloggers Alexei Nawalny waren am Samstag sollen in mehr als 100 russischen Städten mehr als 3.500 Menschen festgenommen worden. Viele von Nawalnys Mitarbeitern waren zudem schon vor den Protesten festgenommen und zu mehrtägigem Arrest verurteilt worden.
Zu den ebenfalls mit Verweis auf Corona untersagten Demonstrationen im EU-Nachbarland Niederlande und den auf zahlreichen Videos belegten Formen von Polizeigewalt in Amsterdam und Eindhoven nahm der deutsche Außenminister keine Stellung.
Zu möglichen Reaktionen der EU auf das Vorgehen der russischen Behörden gegen Nawalny und dessen Anhänger sagte Maas am Montag zunächst nichts. Für eine schnelle und deutliche Reaktion gegen Russland werben vor allem östliche Mitgliedsstaaten wie Estland, Litauen und Lettland. Andere sind allerdings zurückhaltender und wollen erst einmal abwarten, ob Nawalny länger in Haft gehalten wird. Eine endgültige Entscheidung über neue Sanktionen wird deswegen noch nicht an diesem Montag erwartet. Das nächste Gerichtsverfahren gegen Nawalny ist für den 2. Februar angesetzt.
Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sagte dazu:
"Ein freier Nawalny wäre der Start und auch die Gelegenheit für eine neue, für eine bessere Beziehung zwischen der Europäischen Union und Russland."
Dies täte Russland, Europa und der ganzen Welt gut. "Wir würden heute und morgen über Kooperation mit Russland reden anstatt über Sanktionen", so Asselborn weiter.
Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis schlug hingegen vor, ein neues, im vergangenen Jahr geschaffenes EU-Sanktionsinstrument zu nutzen, um den Druck auf die Führung in Moskau zu erhöhen:
"Ich denke, dass es eine klare und entschiedene Botschaft braucht. Die EU muss klarmachen, dass sie Menschenrechtsverletzungen nicht toleriert – egal, ob sie in Minsk, Hongkong oder Moskau verübt werden."
Die neue Regelung ermöglicht es, Vermögenswerte von Akteuren einzufrieren, die im Verständnis der EU "schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen" begehen oder davon profitieren. Zudem können gegen Personen auch Einreiseverbote verhängt werden. Bislang konnten Menschenrechtsverletzungen nur im Zusammenhang mit Strafmaßnahmen gegen Staaten oder im Rahmen von speziellen Sanktionsregimen geahndet werden, die die EU zum Beispiel im Kampf gegen Cyberangriffe und den Einsatz von Chemiewaffen geschaffen hat.
Das hat eine Reaktion der EU auf Menschenrechtsverletzungen bislang kompliziert oder unmöglich gemacht – so zum Beispiel im Fall der grausamen Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul.
Nawalny wurde Montag vergangener Woche in Russland zunächst zu 30 Tagen Arrest verurteilt, weil er nach russischem Rechtsverständnis gegen Meldeauflagen in einem früheren Strafverfahren wegen mutmaßlicher Korruption und Geldwäsche verstoßen hatte.
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(rt/dpa)