Die mutmaßliche Sonderbehandlung eines südafrikanischen Milliardärs sorgt in der Schweiz für Unmut. Der 70-jährige Johann Rupert, Hauptaktionär des Luxusgüterkonzerns Richemont, soll sich Schweizer Medienberichten zufolge im Kanton Thurgau vorzeitig gegen COVID-19 impfen gelassen haben – noch bevor der Kanton mit der offiziellen Impfkampagne für die Bevölkerung begonnen hatte. Rupert soll den Berichten zufolge schon vor Weihnachten in die Schweiz geflogen sein, um sich dort seine Pfizer/BioNTech-Impfung zu sichern. Verabreicht wurde ihm die Dosis im Rahmen einer Testimpfung in einem Impfzentrum in Frauenfeld.
Offenbar spielten bei der "Sonderbehandlung" des reichsten Mannes Südafrikas seine guten Kontakte zur privaten Krankenhausgruppe Hirslanden eine entscheidende Rolle, wie Schweizer Medien schreiben. Die Krankenhausgruppe ist für die Impfung der Einwohner Thurgaus zuständig – im Auftrag des Kantons. Rupert soll über Aktien bei südafrikanischen Firmen maßgeblich an der Hirslanden-Gruppe beteiligt sein.
Hirslanden bestätigte laut den Medienberichten die Impfung Ruperts. Der Milliardär habe "grundsätzlich ein Anrecht auf eine prioritäre Impfung" genossen. Er leide an diversen chronischen Vorerkrankungen. So habe er etwa eine schwere Erkrankung der Herzkranzgefäße, Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht. Er zähle damit zur Gruppe der Risikopatienten. Zudem sein Rupert in der Schweiz krankenversichert. Die Impfung sei ordnungsgemäß im Tool des Bundesamts für Gesundheit (BAG) erfasst worden, so die Hirslanden-Gruppe.
Doch die Sache hat einen Haken – Rupert wohnt gar nicht im Kanton Thurgau, sondern im westschweizerischen Genf. Laut der Schweizer Zeitung Tagesanzeiger versuchte Rupert zunächst auch, die Impfung in einer Luzerner Klinik zu erhalten – und wurde offenbar dort abgewiesen. Die Reaktionen in der Schweiz fallen entsprechend scharf aus. Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber von den Grünen spricht von einer Zweiklassengesellschaft. "Es zeigt sich einmal mehr: Wer hat, dem wird gegeben." Ein Reicher habe auch in der Krise nicht mehr Wert. "Es darf nicht sein, dass jemand aufgrund von Besitzverhältnissen Impfprivilegien bekommt."
Auch Ruth Humbel von der Christdemokratischen Volkspartei (CVP), Präsidentin der Gesundheitskommission des Nationalrats, zeigt sich über den Vorgang irritiert. In der Schweiz gebe es eine Warteliste für die COVID-19-Impfung, so Humbel. "Es ist grenzwertig und höchst unsensibel, dass gewisse Leute offenbar Impfprivilegien erhalten, weil sie viel Geld haben und Besitzer einer Klinik sind."
Unklar sei zudem, ob Rupert nach seiner Einreise aus Südafrika in Quarantäne gegangen sei, zumal die südafrikanische Mutation nicht in der Schweiz importiert werden dürfe, so die Politikerin. "Der Thurgau muss der Sache nachgehen, ob das Impfprivileg mit der Vergabe des Impfauftrages an Hirslanden zu tun hat."
Laut der Online-Ausgabe der Zeitung 20 Minuten ist auch die Kantonsrätin und Präsidentin der Schweizer Sozialdemokraten (SP) im Thurgau, Nina Schläfli, erbost. "Es gilt im Detail zu erfahren, wie es dazu kam und wer von der Impfung wusste", so Schläfli. Sie gehe davon aus, dass die Regierung dieser Sache proaktiv nachgehe. "Ansonsten werden wir unsere parlamentarischen Mittel nutzen."
Es gebe Tausende Thurgauer, die seit Wochen auf ihren Impftermin warteten. "Dass jemand, der nicht im Thurgau wohnt und nicht zu einer Risikogruppe gehört, bevorzugt behandelt wird, ist unsäglich."
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