Am 27. Dezember starteten in den Ländern der EU die Corona-Impfungen. Die Staatengemeinschaft hat über zwei Milliarden Impfdosen der Hersteller Pfizer/BioNTech und AstraZeneca bestellt – mit dem Ziel, innerhalb des Jahres 2021 alle erwachsenen EU-Bürger zu impfen. Dennoch überwiegt in vielen EU-Ländern die Skepsis gegenüber dem Impfstoff und seinen möglichen Nebenwirkungen. Umfragen von Frankreich bis Bulgarien ergaben, dass sich eine Mehrheit der Bevölkerung nicht impfen lassen will – oder erst, nachdem die Nebenwirkungen hinreichend erforscht worden sind.
Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass laut Umfrage nur 40 Prozent der polnischen Bevölkerung bereit seien, sich gegen COVID-19 impfen zu lassen. Mit Beginn der Impfungen hat sich nur etwa die Hälfte des Personals des Warschauer Krankenhauses, wo die Impfungen landesweit gestartet sind, für eine Dosis eingetragen. Am selben Tag forderte Polens Premierminister Mateusz Morawiecki die Bevölkerung auf, an der Impfung zu partizipieren – der Effekt einer Herdenimmunität hänge davon ab.
In Bulgarien gaben 45 Prozent der Befragten einer Umfrage an, sich nicht impfen zu lassen. 40 Prozent wollten erst abwarten, wie stark die Nebenwirkungen ausfallen. Nur 15 Prozent waren zum Impfstart am 27. Dezember überhaupt bereit, sich die Impfdosis spritzen zu lassen. Eine Umfrage von Alpha Research ergab, dass nur eine von fünf Personen aus der bulgarischen ersten Impfgruppe – medizinisches Personal, Ärzte, Pharmazeuten und Pflegekräfte – sich impfen lassen will.
Bulgariens Gesundheitsminister Kostadin Angelov appellierte gemeinsam mit dem orthodoxen Bischof Tihon an die Bevölkerung, sich impfen zu lassen. Tihon, der selbst eine Impfdosis bekommen hatte, betonte: "Ich habe mich gegen alles impfen lassen, das ich konnte." Er verglich die derzeitige Situation mit der Einführung der Polio-Impfung in den 1950er- und 1960er-Jahren. Damals hätten sich die Menschen gefreut, Polio besiegen zu können. Heute müsse man die Menschen überzeugen, sich überhaupt zu impfen. Das sei "bedauerlich". Gesundheitsminister Angelov betonte:
"Ich lasse mich impfen, weil ich glaube, ohne Impfungen wäre die Welt heute nicht, wie wir sie kennen. Ich glaube daran, dass die Wissenschaftler ihren Job gemacht haben, sodass der Impfstoff die Rettung ist, die wir uns alle erhofft haben."
Bereits Anfang November zeigten Studien des Marktforschungsunternehmens Ipsos, dass die Impfbereitschaft in Europa unterschiedlich ausgeprägt sei: Nur 54 Prozent der Franzosen gaben damals an, sich impfen lassen zu wollen – hingegen 64 Prozent der Italiener und Spanier und 79 Prozent der Briten. In China liege die Impfbereitschaft bei 87 Prozent. Eine Umfrage des französischen Meinungsforschungsinstituts IFOP Ende November ergab, dass nur noch 41 Prozent der Franzosen bereit seien, eine Corona-Impfung zu empfangen.
Reuters vermutet, die geringe Impfbereitschaft könne mit der Geschwindigkeit bei der Entwicklung des Impfstoffes zusammenhängen – und der geringen Zeit für klinische Erforschung von Nebenwirkungen. So dauere es in der Regel ein Jahrzehnt, bis ein antiviraler Impfstoff vollständig entwickelt sei. Der Grippe-Impfstoff habe acht Jahre gebraucht, der Impfstoff gegen Hepatitis B sogar fast 18 Jahre. Bei der Entwicklung des Impfstoffs von Moderna – basierend auf der mRNA-Technologie – seien von der ersten Gensequenzierung bis zur ersten Injektion eines Menschen gerade 63 Tage vergangen.
Zitiert wird Jeremy Ferrar, der Direktor der Klinischen Forschungseinrichtung der Oxford University, die vom Wellcome Trust finanziert wird – und nach Angaben des Online-Magazins ZeroHedge auch 750 Millionen US-Dollar von Bill Gates für den Kampf gegen COVID-19 erhielt.
"Eines Tages schauen wir zurück auf die 2020 gemachten Fortschritte und sagen: Das war ein Moment, als die Wissenschaft wirklich einen Sprung nach vorne gemacht hat."
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(rt/reuters)