Türkei: Ex-Chefredakteur der Cumhuriyet Can Dündar zu mehr als 27 Jahren Haft verurteilt

Vor fünf Jahren veröffentlichte der türkische Journalist Can Dündar einen brisanten Zeitungsbericht. Unter anderem deshalb landete er vor Gericht. Nun ist das Urteil gegen den Exil-Journalisten gefallen.

Der im deutschen Exil lebende Journalist Can Dündar ist in der Türkei zu mehr als 27 Jahren Haft verurteilt worden. Dündar erhielt am Mittwoch eine Strafe von 18 Jahren und neun Monaten, weil er nach Ansicht der Richter Staatsgeheimnisse mit dem Ziel der militärischen und politischen Spionage erhalten hatte. Das Gericht verurteilte ihn zudem zu acht Jahren und neun Monaten Haft wegen Terrorunterstützung, wie aus dem Protokoll hervorging. 

Er soll die "FETÖ", Fethullah Gülen-Terrororganisation, unterstützt haben. Fethullah Gülern ist der islamistische Prediger der Nurcu-Bewegung in der Türkei, der seit über zwanzig Jahren in Pennsylvania in den USA lebt und auf den der gescheiterte Putschversuch am 15. Juli 2016 zurückgeführt wird. Die regierungskritische Zeitung Cumhuriyet ist prinzipiell auch kritisch gegen Fethullah Gülen und die Nurcu-Bewegung. Sie berichtete fortlaufend über die fortlaufende Unterwanderung der wichtigsten Institutionen, vor allem der Polizei und der Justiz, durch die Gülen-Bewegung, während die Regierungspartei AKP und der heutige Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan selbst eine strategische Vereinigung mit der Gülen-Bewegung eingegangen waren, bis es 2013 zum endgültigen Bruch kam.

Von dem Vorwurf geheime Informationen bekanntgegeben zu haben, wurde er demnach freigesprochen. Das Gericht ordnete zudem erneut Dündars Festnahme an.

Die Anwälte Dündars boykottierten aus Protest die Verhandlung. Sie hatten die Entscheidung zuvor damit begründet, dass sie kein Urteil legitimieren wollen, das zuvor bereits politisch entschieden worden sei.

Hintergrund des Verfahrens gegen Dündar ist ein Zeitungsbericht aus dem Jahr 2015, in dem die regierungskritische Zeitung Cumhuriyet geheime Informationen veröffentlichte, die Waffenlieferungen der Regierung an Rebellen in Syrien belegen sollten. Damals war Dündar Chefredakteur der Cumhuriyet.

Dündar war für die Veröffentlichungen 2016 zu mehr als fünf Jahren Haft wegen Geheimnisverrats verurteilt und vom Vorwurf der Spionage freigesprochen worden. Der Oberste Gerichtshof in Ankara hatte das Urteil 2018 aber aufgehoben und erklärt, ein neues Verfahren gegen Dündar müsse um den Strafbestand der Spionage ausgeweitet werden.

Zuletzt hatte das Gericht Dündar für flüchtig erklärt. Daraufhin war sein Vermögen in der Türkei nach Angaben der Anwälte beschlagnahmt worden. Seit dem Spätsommer 2016 lebt Dündar in Deutschland. Gegen den Journalisten laufen mehrere Verfahren in der Türkei.

Video: Can Dündar vor Gerichtsgebäude beschossen

(dpa/rt)