Swetlana Tichanowskaja fordert Ausweitung der EU-Sanktionen gegen weißrussische Behörden

Weißrusslands Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja traf sich am Montag mit Wolfgang Schäuble und Frank-Walter Steinmeier in Berlin. Die 38-Jährige fordert von Deutschland mehr Engagement. Für Verfolgte in ihrem Heimatland sollte die Visumpflicht aufgehoben werden.

Am Montag wurde die weißrussische Protestanführerin Swetlana Tichanowskaja vom Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble sowie Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier in Berlin empfangen. Am Vorabend hatte sich die 38-Jährige mit in Deutschland lebenden Weißrussen und der Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch getroffen. Auch der CDU-Politiker Norbert Röttgen teilte ein gemeinsames Foto und twitterte: "Trotz des Wintereinbruchs in Belarus bleiben die Menschen standhaft und protestieren friedvoll für ihr Recht auf Souveränität und Demokratie."

Tichanowskaja forderte von Deutschland eine Aufhebung der Visumpflicht, wie das Nachrichtenmagazin Spiegel am Montag berichtete. Verfolgte hätten so die Möglichkeit, in Sicherheit zu gelangen, sagte die Bürgerrechtlerin bei einem Besuch in Berlin. "Wenn Menschen eingesperrt und zusammengeschlagen werden, dann ist das der Moment, in dem Deutschland und andere Länder nachdenken sollten: Sind sie vorsichtig oder folgen sie den Prinzipien der Demokratie?"

Laut Tichanowskaja sei die Opposition der EU dankbar, dass sie Sanktionen gegen die belarussische Führung verhängte, diese Liste sei jedoch "unverhältnismäßig kurz". Die 38-Jährige fordert daher eine Ausweitung der Sanktionen gegen den Machtapparat von Staatschef Alexander Lukaschenko. "Die Strafmaßnahmen wirken lächerlich, wenn wir sehen, wie viele Menschen bis jetzt festgenommen wurden. Mehr als 30.000 sind es seit August." Im Gespräch mit der Bild fügte sie hinzu: 

"Die Menschen sind aktuell ein wenig enttäuscht. Von außen schien es, dass Europa mächtig ist: Europa sagt was, und dann geschieht es so. Aber keiner hat die Verantwortung für uns übernommen. Wir finden, dass Deutschland als Anführer Europas die Verantwortung übernehmen müsste, für das was in Belarus passiert."

Tichanowskaja zufolge werden die Proteste in Weißrussland im Winter wahrscheinlich nicht so zahlreich sein wie vergangenen Sommer. Im kommenden Frühjahr würden die Proteste ihrer Meinung nach jedoch wieder zunehmen. "Auch wenn die Proteste auf der Straße jetzt im Winter abnehmen werden, wir werden das überstehen und im Frühjahr noch stärker zurückkehren, wenn das Wetter besser wird", sagte sie dem Spiegel

Am 6. Oktober hatte sich Tichanowskaja in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel getroffen.

Mehr zum Thema - Weißrussland schließt Landesgrenzen für die Ausreise – Kritik von der Opposition