In seiner Rede kritisierte Nawalny die bevorstehenden Wahlen für das Unterhaus des russischen Parlaments, die im Jahr 2021 stattfinden sollen. Ihm zufolge sind Wahlfälschungen zu erwarten, denn diese seien "Teil der Realität" in Russland. Auch die anderen Teilnehmer der Sitzung kritisierten die Wahlen, die in den letzten Jahren in Russland stattfanden.
Jedoch ließ der Oppositionelle außer Acht, dass die Wahlen in Russland als legitim eingestuft und international anerkannt werden, unter anderem auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Wladimir Putin im Jahr 2018 zum Wahlsieg gratulierte. Bei den jüngsten Wahlen des Moskauer Stadtparlaments im Jahr 2019 gewann die Opposition in 20 von 45 Wahlkreisen. Nawalny bezeichnete dieses Wahlergebnis als eigene Leistung und schrieb sich den Erfolg selbst zu.
Nawalny hielt die Rede zusammen mit den russischen Oppositionellen Wladimir Kara-Mursa, Wladimir Milow und Ilja Jaschin. Genauso wie Nawalny behauptete Kara-Mursa, dass er wegen seiner politischen Tätigkeit in den Jahren 2015 und 2017 vergiftet worden war. Eine Analyse des US-Geheimdiensts FBI fand Medienberichten zufolge aber keine Beweise für eine Vergiftung.
Die Oppositionellen riefen Europa auf, die Bevölkerung Russlands getrennt vom russischen Staat zu betrachten. Nach Auffassung Nawalnys sollte die EU Sanktionen gegen die Personen aus Putins engerem Kreis von verhängen, die er als Oligarchen bezeichnete. Dabei erwähnten die Oppositionellen den Magnitsky Act – ein Gesetz, das die US-Regierung ermächtigt, weltweit Personen zu bestrafen, die nach Auffassung der USA Menschenrechte verletzen.
Im Zusammenhang mit dem Fall Nawalny verhängte die EU Sanktionen gegen russische Beamten und Behörden. Dem Kreml wird vorgeworfen, einen Anschlag auf Nawalny mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok veranlasst zu haben. Russland weist den Vorwurf zurück und ruft zu einer transparenten Untersuchung des Vorfalls auf und weist darauf hin, dass russische Labore keine Giftspuren in Blutproben von Nawalny nachweisen konnten. Zudem verweist Moskau auf die mangelnde Kooperationsbereitschaft der deutschen Behörden, obwohl Russland mehrere Rechtshilfeersuchen an die deutsche Seite stellte, die entweder abgelehnt oder ignoriert wurden.
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