"Die Europäische Union ist eine Gruppe von Ländern, die sich gegenseitig als Partner behandeln, und keine Gruppe der Erpressung oder der Umsetzung einzelner Projekte von EU-Beamten auf Kosten anderer Länder", sagte Michał Dworczyk im Radiosender Polskie Radio 1. Er fügte hinzu:
Langfristig kämpfen wir um die Existenz der EU. Sie wurde gegründet als Bündnis von Ländern, die sich zu gerechten Bedingungen als Partner behandelt haben. Heute wollen aber einige Länder dies ändern und ihren Willen aufzwingen – dies kann zum Zusammenbruch der EU führen. Aktuell geht es um Polen und Ungarn, aber für die Zukunft können wir sagen, dies sei eine Vorgehensweise, die die gesamte EU gefährden kann.
Auch Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sagte am Mittwoch, das Thema Rechtsstaatlichkeit sei "in der EU zum Propaganda-Knüppel geworden". Er sprach von einem Wendepunkt in der Geschichte der EU. "Entscheidungen, die auf willkürlichen Anordnungen basieren, können leicht zu ihrem Zerfall führen".
Ungarn und Polen hatten am Montag das 1,8 Billionen Euro schwere Haushaltspaket mit ihrem Veto blockiert, weil sie eine neue Klausel zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit ablehnen. Damit drohen Verzögerungen bei den Corona-Krisenhilfen von bis zu 750 Milliarden Euro. Deutschland und andere EU-Staaten riefen die Regierungen in Warschau und Budapest auf, ihr Veto fallenzulassen. Beide Regierungen halten aber daran fest. Sollten Ungarn und Polen in dem Streit auch weiterhin nicht nachgeben, ist denkbar, dass die EU-Partner ihnen mit einem Entzug der Stimmrechte bei EU-Entscheidungen drohen. Diese Strafmöglichkeit ist in Artikel 7 des EU-Vertrags für den Fall vorgesehen, dass Mitgliedsstaaten schwerwiegend und anhaltend gegen EU-Werte verstoßen.
Bundesaußenminister Heiko Maas wollte sich zunächst nicht dazu äußern, ob der EU-Streit mit Polen und Ungarn möglicherweise nur über das Artikel-7-Verfahren zum Entzug der Stimmrechte der beiden Länder bei EU-Entscheidungen gelöst werden könnte. "Wir sind als Ratspräsidentschaft in der Rolle, eine Lösung zu finden", sagte der Politiker am Donnerstag. Er rief noch einmal alle Beteiligten auf, eine einvernehmliche Lösung zu finden: "Ganz Europa steckt in der zweiten Corona-Welle", sagte Maas. Viele Länder warteten darauf, dass die Mittel aus dem Finanzpaket freigegeben werden könnten.
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