Corona-Effekt mit Nebenwirkungen: Abtreibungen in Europa werden schwieriger

Die Politik im Zuge der Corona-Pandemie erschwert für viele Frauen den Zugang zu Abtreibungsstellen. Telefonische Beratungsstellen in Europa verzeichnen eine höhere Nachfrage von Hilfesuchenden und die Sorge, Frauen könnten ihre Leben aufs Spiel setzen, um illegal abzutreiben.

Die Gesundheitssysteme sind überfordert, Termine werden abgesagt. Dies trifft auch Frauen, die sich für eine Abtreibung entschieden haben. Die Non-Profit-Organisation "Marie Stopes International" hat errechnet, in diesem Jahr könnten weltweit 2,7 Millionen Frauen Abtreibungen in illegalen Kliniken und bei selbsternannten Ärzten durchführen lassen, weil es keine anderen Möglichkeiten gibt. Auch in Europa wird es für Frauen schwieriger. 

Malta ist das einzige Land innerhalb Europas, wo Abtreibungen untersagt sind. Hier hat sich die Nachfrage bei telefonischen Beratungsstellen für Schwangerschaftsabbrüche in diesem Jahr bereits verdoppelt. Flugverbote und geschlossene Grenzen machen eine Reise ins Ausland, um einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen, unmöglich. Auch für die Frauen in Polen ist die Lage aussichtslos. 

Hier könnte bald ein fast vollständiges Abtreibungsverbot gelten. Schon jetzt ist es in Polen sehr schwer, eine Schwangerschaft zu beenden. Die Organisation "Abortion Without Borders" (Abtreibung ohne Grenzen) erhielt in diesem Jahr schon 2.300 Anrufe von Hilfesuchenden aus Polen. 

Selbst die Versendung von Abtreibungspillen durch Hilfsorganisatoren an Orte, wo sie nur schwer erhältlich sind, wird durch die verlangsamte Postzustellung schwieriger. "Women on Web" bietet die Zusendung solcher Pillen als weltweiten Dienst an. Laut Google Analytics wird die Seite zwei Millionen Mal im Monat aufgerufen. Die spanische Regierung entschied sich im Frühjahr diesen Jahres, die Seite zu blockieren. Als Begründung nannte das Innenministerium das Bestellverbot von rezeptpflichtigen Medikamenten aus dem Ausland. Mit den Pillen lässt sich eine Schwangerschaft innerhalb der ersten zwölf Wochen terminieren. Auch aus Deutschland gibt es Nachfrage. Die Pressesprecherin von Pro Familia, Regine Wlassitschau, sieht dies Personen geschuldet, die gegenüber dem deutschen Gesundheitssystem anonym bleiben wollen. 

In Rumänien ist es innerhalb von 14 Tagen erlaubt abzutreiben. Das überlastete Gesundheitssystem erlaubt es derzeit nicht, diese Frist einzuhalten.

In Großbritannien versucht man das Problem anzugehen, indem einige Konsultationen online stattfinden und Abtreibungspillen zu Hause eingenommen werden können. Gegenüber Reuters beklagt eine Geburtstagshelferin in Portugal, Teresa Bombas, dass die reproduktive Medizin nicht als Priorität der Politik angesehen wird. Einige Kliniken haben Abtreibungen eingestellt, um Personal für die Pflege von Patienten sicherzustellen, die im Zusammenhang mit einer Coronavirus-Infektion eingeliefert wurden. 

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