Irlands Regierungschef Micheál Martin sagte gegenüber der BBC, dass ein Abbruch der Gespräche zwischen London und Brüssel "rundum sehr schädlich" und besonders "ruinös" für Großbritannien wäre, während Irland ebenfalls unter den Folgen leiden würde. Er betonte:
Wir alle haben wegen COVID-19 einen sehr großen Schock für unser Wirtschaftssystem erlitten. Das Letzte, was wir jetzt in all unseren jeweiligen Volkswirtschaften brauchen, ist ein zweiter großer Schock.
Großbritannien ist am 31. Januar offiziell aus der EU ausgetreten und hat nun bis zum 31. Dezember Zeit, um ein Handelsabkommen mit Brüssel auszuhandeln.
Die umstrittenste Frage ist das sogenannte Binnenmarktgesetz, das, falls es angenommen wird, Großbritannien die Möglichkeit geben würde, bestimmte Teile des Austrittsabkommens zu ändern, das es Anfang dieses Jahres mit Brüssel unterzeichnete. Die umstrittenen Bestimmungen des Gesetzes wurden diese Woche vom britischen Oberhaus abgelehnt, aber die Regierung teilte mit, dass sie sie wieder vorlegen werde.
Beamte in London argumentieren, dass das Gesetz notwendig sei, um den barrierefreien Handel zwischen England, Schottland, Wales und Nordirland zu gewährleisten. Die EU besteht unterdessen darauf, dass einseitige Änderungen des Austrittsabkommens einem Bruch des Völkerrechts gleichkämen.
Das Vereinigte Königreich behauptet auch, dass das Gesetz den Frieden in Nordirland schützen würde. Martin hingegen hob hervor, dass das Scheitern eines Handelsabkommens dort möglicherweise zu Spannungen führen könnte, obwohl beide Seiten zuvor signalisierten, dass sie die Errichtung einer harten Landgrenze zwischen Nordirland und dem EU-Mitgliedsstaat Republik Irland vermeiden möchten.
Der irische Premierminister erklärte weiter, dass der erwähnte Gesetzentwurf "nagende Zweifel" daran schaffe, ob das Vereinigte Königreich ein Handelsabkommen mit Brüssel überhaupt einhalten werde.
Das ist das Problem dabei. Und ich denke, dass deshalb Anstrengungen unternommen werden müssen, um der EU-Seite zu versichern, dass das, was in Bezug auf das Binnenmarktgesetz geschehen ist, im Falle einer Einigung zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich nicht in zwölf Monaten geschehen wird.
Ein weiterer heißer Streitpunkt sind die Fischfangquoten, da die EU ihr derzeitiges Niveau des Zugangs zu britischen Gewässern beibehalten will, während London versucht, seinen Quotenanteil zu erhöhen. Beide Seiten debattieren auch noch über die Höhe der zulässigen staatlichen Beihilfen für nationale Unternehmen sowie über Umweltstandards.
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