Die Europäische Zentralbank (EZB) veröffentlichte in dieser Woche einen umfassenden Bericht über die mögliche Ausgabe eines digitalen Euro. "Ein digitaler Euro wäre eine elektronische Form von Zentralbankgeld und könnte von der breiten Bevölkerung genutzt werden, genauso wie Bargeld, nur in digitaler Form: als schnelles, einfaches und sicheres Zahlungsmittel. Er würde unser Bargeld ergänzen, aber nicht ersetzen. In jedem Fall wird das Eurosystem auch weiterhin Bargeld ausgeben", so die Zentralbank. EZB-Präsidentin Christine Lagarde sagte:
Der Euro gehört den Europäerinnen und Europäern. Die EZB ist die Hüterin der gemeinsamen Währung.
"Die Menschen in Europa bezahlen, sparen und investieren immer häufiger auf elektronischem Weg. Unsere Aufgabe ist es, das Vertrauen in unsere Währung zu sichern. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass der Euro für das digitale Zeitalter gerüstet ist. Wir sollten darauf vorbereitet sein, einen digitalen Euro einzuführen, sollte dies erforderlich werden."
Großteil des Geldes nur noch digital
Mit dem digitalen Euro könnten Bürger Konten mit Zentralbankgeld nutzen. Darüber hinaus sind Einsatzmöglichkeiten etwa bei Geldkarten oder Bezahl-Apps denkbar. Lino Lotzin, Geschäftsführer von Crypvision, sagte im Gespräch mit dem Internetportal Web.de:
Wir werden in Zukunft sehr wahrscheinlich keine physischen Scheine oder Münzen mehr in der Hand halten, sondern nur noch die Karte oder ähnliches benutzen.
"Alles wird digitaler und daher ist es auch kein Wunder, dass die Regierung den digitalen Euro einführen möchte. Wenn man es genau nimmt, ist auch der Großteil unseres Geldes nur digital vorhanden", so Lotzin weiter.
Vorteile sieht Lotzin darin, dass das digitale Zahlungsmittel leichter und schneller zu bedienen sein wird. "Ich gehe davon aus, dass es dann auch möglich ist, Transaktionen in Echtzeit zu buchen. Also wenn ich Geld an einen Freund versende, hat er das sofort auf seinem Konto", sagt Lotzin. Einen weiteren Vorteil sieht er darin, dass illegale Geschäfte besser unterbunden werden können. Das ziehe jedoch auch Nachteile nach sich, vor allem beim Thema Datenschutz.
Dabei soll ein digitaler Euro das Bargeld nicht ersetzen, sondern ergänzen. Vorerst zumindest. Wie die Zukunft aussehen könnte, erlebt man zum Beispiel in Schweden. Dort wird Bargeld in vielen Läden gar nicht mehr angenommen. Noch hat der EZB-Rat keinen finalen Beschluss über die Einführung eines digitalen Euro gefasst. Dennoch wurde eine Testphase bereits eingeleitet.
EZB hinkt hinterher
Die EZB hinkt also in gewisser Weise der Entwicklung hinterher. Denn es gibt zahlreiche Konkurrenten auf dem Markt der digitalen Zahlungsmittel. Zum einen sind dies Kryptowährungen wie Bitcoin oder die von Facebook forcierte digitale Währung Libra. Auch außereuropäische Zentralbanken könnten an Bedeutung gewinnen. So wird erwartet, dass die chinesische Zentralbank den digitalen Yuan zu den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking einführt.
Ziel der EZB ist es deshalb, ein europäisches, risikofreies digitales Zahlungsmittel bereitzustellen – und damit eine stabile Alternative zu einem weltweiten privaten Zahlungsmittel zu bieten. Denn das könnte laut EZB aus regulatorischer Sicht bedenklich sein. Auch Risiken für die Finanzstabilität und den Verbraucherschutz sieht die EZB dabei.
Erleben wir also gerade die größte Veränderung unseres Geldsystems? Oder gar den Anfang vom Ende der Banken? "Es wird sich damit vieles verändern", sagt Lotzin.
Die Banken, so, wie wir sie heute kennen, wird es nicht mehr geben. Es sei denn, es werden gesonderte Lizenzen zur Geldverteilung vergeben. Aber bis es so weit kommt, wird es noch etwas dauern.
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