Gefechte um Bergkarabach spalten die NATO-Verbündeten Frankreich und Türkei

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat der Türkei am Donnerstag vorgeworfen, syrische Dschihadisten für den Kampf gegen Armenien im Bergkarabach-Konflikt rekrutiert zu haben. Zuvor forderten Frankreich, Russland und die USA einen sofortigen Waffenstillstand.

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat der Türkei am Donnerstag vorgeworfen, syrische Dschihadisten rekrutiert zu haben, um im Bergkarabach-Konflikt gegen Armenien zu kämpfen. Es lägen nun Informationen vor, die darauf hindeuteten, dass syrische Kämpfer und dschihadistische Gruppen über Gaziantep (Südosttürkei) in die Region gekommen seien, um "das Operationstheater Bergkarabach" anzuheizen, sagte Macron gegenüber Journalisten bei seiner Ankunft in Brüssel für den anstehenden EU-Gipfel. "Es ist eine sehr ernste neue Tatsache, die die Situation verändert." Das russische Außenministerium wies ebenfalls auf bewaffnete Kämpfer aus Syrien wie auch aus Libyen hin und forderte deren sofortigen Abzug, hieß es auf TASS.

Zuvor hatten Frankreich, Russland und die USA  einen sofortigen Waffenstillstand gefordert. Der Vorstoß der drei Staaten erfolgte angesichts steigender Opferzahlen. Der Konflikt ist Jahrzehnte alt. Die für eine Vermittlung zuständige Minsk-Gruppe der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) wird seit 1992 zusammen von Russland, Frankreich und den USA geleitet. Bislang hat die Gruppe wenige Erfolge vorzuweisen, auch wenn 2001 schon einmal eine Lösung nahe schien. Armenien erklärte sich zu neuen Verhandlungen im Rahmen der OSZE bereit. Armenien stehe bereit für Gespräche innerhalb der sogenannten Minsk-Gruppe der OSZE, teilte das Außenministerium in Jerewan mit. Die Türkei hingegen lehnt die Vermittlung Russlands, der USA und Frankreichs in Bergkarabach ab. "Da die USA, Russland und Frankreich dieses Problem seit 30 Jahren vernachlässigt haben, ist es unannehmbar, dass sie an den Bemühungen für eine Waffenruhe beteiligt werden", sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Donnerstag im Parlament in Ankara.

Macron hatte bereits am Mittwoch die "kriegerischen Äußerungen der Türkei" zum Bergkarabach-Konflikt scharf kritisiert und erklärt, dass sie alle Hemmnisse Aserbaidschans bei der Rückeroberung von Bergkarabach beseitigen. "Ich habe die politischen Erklärungen der Türkei zur Kenntnis genommen, die ich für unüberlegt und gefährlich halte", sagte Macron auf einer Pressekonferenz in Lettland. 

Die NATO-Verbündeten Türkei und Frankreich streiten längst an verschiedenen Fronten um Einfluss. Frankreich kritisierte das militärische Eingreifen der Türkei in Libyen mehrfach. Im Streit um die östlichen Mittelmeergebiete kam es in letzter Zeit mehrmals zu Zwischenfällen auf See zwischen der Türkei und Frankreich bzw. Griechenland. In der Libanon-Frage bzw. bei der dortigen Regierungsbildung versucht Macron, die Türkei und deren wachsenden Einfluss auf die Sunniten in Schach zu halten. Seit Sonntagmorgen wird in der Konfliktregion Bergkarabach im Südkaukasus gekämpft. Armenien und Aserbaidschan verhängten den Kriegszustand und weisen einander die Verantwortung zu. Beide Staaten streiten seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion um die Zugehörigkeit des Gebiets, das hauptsächlich von Armeniern bewohnt wird und sich 1991 von Aserbaidschan lossagte.

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