Griechenland und Zypern haben die Unterstützung der Europäischen Union (EU), auf die sie im Streit über die Hoheitslinien auf dem östlichen Mittelmeer so gehofft und gedrängt hatten, nun doch bekommen. Die EU droht der Türkei mit weiteren Sanktionen. Erste Einreiseverbote und Vermögenssperren hatte die EU schon im Februar verhängt. Bereits 2019 wurde zudem beschlossen, die Vergabe von EU-Mitteln einzuschränken und Verhandlungen über ein Luftverkehrsabkommen auszusetzen.
Bevor neue Strafmaßnahmen beschlossen werden, solle aber der Diplomatie noch eine Chance gegeben werden, hieß es am Freitag nach Beratungen der EU-Außenminister in Berlin vonseiten europäischer Diplomaten.
Eine diplomatische Lösung im Rahmen direkter Gespräche bleibt weiterhin unser dringlichstes Ziel. Wir sind bereit, einen solchen konstruktiven Dialog weiter zu unterstützen. [...] Dieser konstruktive Dialog ist der einzige Ausweg aus dieser mittlerweile gefährlichen Krise.
Griechenland und Zypern verlangen wegen der Erdgaserkundungen der Türkei seit Längerem schärfere Sanktionen. Sie sind der Ansicht, dass sie in ihren Seegebieten erfolgen und damit illegal sind. Die Türkei weist die Vorwürfe zurück. Sie vertritt den Standpunkt, dass die Gewässer, in denen sie nach Erdgas sucht, zu ihrem Festlandsockel gehören – auch wenn sie nahe der griechischen Inseln Rhodos und Kastelorizo liegen.
Der Streit hatte sich zuletzt wegen des Starts einer neuen Erkundungsmission der Türkei zugespitzt. Einen ähnlichen Konflikt gibt es um die Insel Zypern, vor deren Küste schon reiche Erdgasvorkommen entdeckt wurden.
Die Frage, wie stark in dem Konflikt auf Sanktionen gesetzt werden soll, ist in der EU umstritten. Länder wie Deutschland wollen lieber zunächst einmal weitere diplomatische Initiativen starten. Die Bundesregierung versucht seit Wochen, in dem Streit zu vermitteln.
Die EU-Staaten müssten die Argumente der Athener Regierung ernst nehmen und Griechenland dort unterstützen, wo die dortige Regierung recht habe, sagte Kanzlerin Angela Merkel. Sie wolle aber keine weiteren Eskalationen. Über die Aufteilung der Wirtschaftszonen seien Gespräche nötig. Sie habe auch mit dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron gesprochen, so Merkel weiter.
Während auf der umstrittenen Meereshöhe im östlichen Mittelmeer die türkischen Erkundungen andauerten, hatten Italien, Frankreich, Zypern und Griechenland militärische Manöver abgehalten. Daraufhin hatte die Türkei erklärt, das Erkundungsschiff Oruç Reis werde bis zum 1. September die seismischen Erkundungen fortsetzen.
Eine endgültige Entscheidung über Sanktionen könnte bei einem EU-Sondergipfel fallen, der am 24. September beginnt.
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