Das russische Außenministerium hat sich am Donnerstag wegen der Situation im benachbarten Weißrussland äußerst besorgt gezeigt. Behördensprecherin Marija Sacharowa teilte Journalisten mit, dass Russland die Ereignisse in der Republik sehr genau beobachte. Sie sprach dabei von "Zwischenfällen" in mehreren Städten, die mit "Verstößen gegen den öffentlichen Frieden" verbunden waren. Zugleich machte die russische Diplomatin auf ausländische Versuche aufmerksam, die Situation in der Republik Belarus zu beeinflussen:
Wir bemerken einen beispiellosen Druck, den einzelne ausländische Partner auf die weißrussischen Behörden ausüben. Versuche aus dem Ausland, sich in die Angelegenheiten des souveränen Staates einzumischen, um die Gesellschaft zu spalten und die Situation zu destabilisieren, sind eindeutig festzustellen.
In diesem Zusammenhang rief das russische Außenministerium alle Seiten zur Zurückhaltung und Besonnenheit auf und betonte Moskaus Interesse an einer stabilen innenpolitischen Situation im Nachbarland. Sacharowa machte außerdem deutlich, dass Russland die Rechte seiner Bürger in der Republik Belarus weiterhin verteidigen werde, und teilte mit, dass die meisten festgenommenen russischen Journalisten bereits auf freiem Fuß seien.
Die Außenamtssprecherin thematisierte auch die Festnahme von 33 angeblichen Mitarbeitern einer privaten Militärfirma, denen die weißrussischen Behörden noch vor den Präsidentschaftswahlen eine Vorbereitung der Massenunruhen zur Last gelegt hatten. Sacharowa brachte ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass die Staatsanwaltschaften und andere Behörden beider Länder bei der Untersuchung zusammenarbeiten und den Streitfall bald lösen. Die Diplomatin wies jede Verwicklung Russlands in die Massenunruhen in Weißrussland entschieden zurück:
Es ist wichtig zu betonen, dass die Versuche, in der Organisation der Krawalle im Land eine angebliche sogenannte russische Spur zu finden, grundlos sind. Diese Spur führt in eine andere Richtung.
Abschließend unterstrich die Behördensprecherin, dass Russland ein treuer Freund und Verbündeter des weißrussischen Brudervolkes bleibe. Alle Versuche, zwischen Moskau und Minsk einen Zwist zu säen, seien zum Scheitern verdammt.
Zuvor hatte US-Außenminister Mike Pompeo am Donnerstag auf seiner Europa-Reise die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl in Weißrussland bezweifelt und die Ereignisse im Land als "Tragödie" bezeichnet. Ihm zufolge müssen die friedlichen Proteste in Weißrussland geschützt werden:
Wir wollen, dass die Menschen in Belarus die Freiheiten erhalten, die sie einfordern.
Dabei schloss der US-Außenminister nicht aus, dass Washington Sanktionen gegen Minsk verhängen könnte. In Frage käme ein Stopp von Erdöllieferungen.
Der deutsche Außenminister Heiko Maas kündigte ebenfalls deutlich mehr Druck auf die Regierung in Minsk an. Mit den Partnern werde intensiv über neue Sanktionen gesprochen, sagte der Politiker am Donnerstag, einen Tag vor der geplanten Sondersitzung der EU-Außenminister zu Weißrussland. Es sei vollkommen klar, dass das Vorgehen der Sicherheitskräfte in der Republik Belarus "im Europa des 21. Jahrhundert nicht akzeptabel" sei. Strafmaßnahmen müssten aber von allen EU-Mitgliedsstaaten einstimmig mitgetragen werden.
Litauens Präsident Gitanas Nausėda legte einen Drei-Punkte-Plan vor, um die Gewalt im Nachbarland zu beenden. Der Vorschlag sei über diplomatische Kanäle an die weißrussische Seite übermittelt worden. Zudem veröffentlichte die Präsidialkanzlei einen gemeinsamen Aufruf der Staatschefs der baltischen Staaten und Polens an den amtierenden Staatschef Alexander Lukaschenko.
Seit der Präsidentschaftswahl am Sonntag gehen in Weißrussland Tausende Menschen auf die Straße. Sie werfen Lukaschenko vor, das Wahlergebnis massiv gefälscht zu haben. Die Sicherheitskräfte gehen mit Gewalt gegen die Protestler vor.
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