Der Streit um Erdgas im östlichen Mittelmeer verschärft sich weiter. Zahlreiche Schiffe der türkischen Kriegsmarine bewegen sich seit diesem Dienstag in der Ägäis und im östlichen Mittelmeer südlich der griechischen Inseln Rhodos und Kreta. Auch zahlreiche Schiffe der griechischen Marine sind in der Region unterwegs.
Wie das Büro des griechischen Regierungschefs Kyriakos Mitsotakis am Mittwoch mitteilte, habe der Premier Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Gründe dieser Bewegungen telefonisch informiert. Die türkischen Behörden hatten ihrerseits zuvor bekannt gegeben, dass das Forschungsschiff Oruç Reis ab diesem Dienstag neue seismische Untersuchungen im östlichen Mittelmeer vornehmen werde.
Athen hatte in den vergangenen Monaten Ankara davor gewarnt, Schiffe zur Suche nach Erdgas in die Region zu entsenden. Nach Angaben des Online-Dienstes Marinetraffic.comwar die Oruç Reis am Mittwoch vor dem südtürkischen Antalya unterwegs. Der türkische Sender TRTberichtete, die seismischen Untersuchungen hätten noch nicht begonnen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte bereits im Januar angekündigt, "so schnell wie möglich" in einem mit Libyen vereinbarten Gebiet nach Erdgas zu suchen. Das Vorhaben betrifft auch potenziell erdgasreiche Regionen südlich von Kreta, die aus griechischer Sicht zur sogenannten Ausschließlichen Wirtschaftszone des EU-Landes gehören.
Nach der türkischen Lesart haben Inseln wie Kreta zwar Hoheitsgewässer, aber keine Ausschließliche Wirtschaftszone. Ankara führt bereits Bohrungen vor Zypern durch – ohne die Genehmigung der Regierung der Republik Zypern. Die EU-Staaten hatten deshalb einen rechtlichen Rahmen für Sanktionen gegen die Türkei geschaffen.
Bundesaußenminister Heiko Maas kritisierte bei seinem Besuch in Griechenland das Agieren der Türkei im Mittelmeer und warnte die Regierung in Ankara vor Konsequenzen für die Beziehungen zur Europäischen Union. Mit Blick auf die von der EU als illegal erachteten Erdgaserkundungen der Türkei sagte Maas nach einem Treffen mit seinem griechischen Kollegen Nikos Dendias am Dienstag in Athen:
Das Völkerrecht muss eingehalten werden. Deswegen sind Fortschritte in der EU-Türkei-Beziehung nur dann möglich, wenn Ankara Provokationen im östlichen Mittelmeer unterlässt.
Dabei betonte der deutsche Diplomat die Notwendigkeit, einen ehrlichen und offenen Dialog mit der Türkei zu führen. Zur Möglichkeit weiterer Sanktionen gegen das NATO-Land äußerte er sich nicht. Für einen härteren EU-Kurs gegenüber der Türkei setzen sich neben Griechenland, das unter anderem Verletzungen seines Luftraums durch die türkische Luftwaffe und die Instrumentalisierung von Migranten durch die türkische Regierung beklagt, auch Zypern und Frankreich ein.
Die Außenpolitikerin der Partei Die Linke Sevim Dağdelen forderte in diesem Zusammenhang, die deutschen Waffenexporte an die Türkei zu stoppen. Wer wie Deutschland der Türkei Waffen liefere, dürfe sich "nicht wundern, wenn die Türkei diese Waffen im Mittelmeer gegen Zypern und Griechenland einsetzt".
Mehr zum Thema - Studie: Deutsche Waffenexporte missachten EU-Regeln und schüren bewaffnete Konflikte