Das sogenannte NGO-Gesetz, das 2017 verabschiedet wurde, verpflichtete die im Land tätigen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zur Offenlegung ausländischer Spenden ab einem bestimmten Schwellenwert. Das Gesetz sah vor, dass jene Organisationen, die mehr als 7,2 Millionen Forint (etwa 20.500 Euro) im Jahr aus dem Ausland erhalten, sich bei den ungarischen Gerichten registrieren lassen müssen. Zudem müssen auch die Namen ihrer ausländischen Spender veröffentlicht werden, deren Unterstützung 500.000 Forint (etwa 1.500 Euro) übersteigt. Die NGOs müssen zudem auf ihrer Webseite angeben, dass sie ausländische Gelder erhielten bzw. dass sie eine "aus dem Ausland unterstützte Organisation" sind.
Die EU-Kommission sah in dem Gesetz einen Verstoß gegen EU-Recht und verklagte Ungarn vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die Luxemburger Richter gaben der EU-Behörde nun Recht und sprachen von "diskriminierenden und ungerechtfertigten Beschränkungen", die das Gesetz in Bezug sowohl auf die betroffenen Organisationen als auch auf die Personen, die ihnen eine solche Unterstützung gewähren", auferlegt habe. Diese verstießen sowohl gegen die EU-Verträge als auch gegen die Charta der EU-Grundrechte.
Finanzierung von Vereinen transparenter machen – im allgemeinen Interesse
Die ungarischen Beschränkungen, so das Gericht, "schaffen ein Klima des Misstrauens gegenüber diesen Vereinigungen und Stiftungen". Sie könnten zum Entzug der Finanzierung durch ausländische Geldgeber und letztlich zur Auflösung der betroffenen Organisationen führen.
Dabei sei das Ziel des Gesetzes, die Finanzierung von Vereinen transparenter zu machen, sogar im allgemeinen Interesse. Bestimmte Organisationen könnten schließlich erheblichen Einfluss auf die öffentliche Debatte haben. Die Maßnahmen gälten jedoch pauschal für alle Spender aus dem Ausland, die einen Schwellenwert überschritten, und eben nicht für jene, die tatsächlich erheblichen Einfluss haben könnten. Das Gesetz beruhe auf der pauschalen Annahme, dass jede ausländische Finanzierung von NGOs verdächtig ist.
Gesetz als Teil der Fehde zwischen Orbán-Regierung und Milliardär Soros
Das ungarische Gesetz wurde als Teil der Fehde zwischen der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán und dem in Ungarn geborenen Multimilliardär George Soros verabschiedet. Ungarn warf Soros vor, sich in seine inneren Angelegenheiten einzumischen. Die Open Society Foundations des US-amerikanischen Milliardärs schlossen im vergangenen Jahr ihr Büro in Budapest, weil sie sich von der ungarischen Regierung in ihrer Arbeit behindert sahen, und zogen nach Berlin.
Vor der EU-Wahl 2019 hatte die ungarische Regierungspartei Fidesz sogar mit Plakaten geworben, die unter anderem den Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker mit Soros gezeigt hatten. Beiden wurde vorgeworfen, sie beförderten die illegale Migration in die EU. In der Europäischen Volkspartei (EVP), deren Mitglied Fidesz ist, löste die Plakat-Kampagne eine Welle der Empörung aus. Diese führte schließlich zur Suspendierung von Fidez aus der EVP.
Erst vor wenigen Wochen entschied der EuGH, dass grundlegende Teile des ungarischen Asylsystems gegen EU-Recht verstoßen.
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