EU-Gipfel billigt Hilfspaket in Höhe 500 Milliarden Euro gegen Corona-Wirtschaftskrise

500 Milliarden Euro stehen demnächst als Kredithilfen bereit, weitere Milliarden sollen folgen. Die EU gibt sich entschlossen - doch der Teufel steckt wie so oft im Detail. Und während Merkel sich gegen Eurobonds ausspricht, warnt Macron vor dem Zerfall der EU.

Die Europäische Union will den Dauerstreit über Corona-Bonds überwinden und sich gemeinsam gegen die dramatische Wirtschaftskrise stemmen. Der EU-Gipfel billigte am Donnerstag ein bereits verabredetes 500-Milliarden-Hilfspaket und die Gründung eines Wiederaufbaufonds, über den noch einmal 1000 Milliarden Euro oder mehr verteilt werden könnten. Details bleiben aber umstritten. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen will nun bis Mitte Mai ein für alle akzeptables Modell ausarbeiten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte beim Gipfel ihr klares Nein zu einer Vergemeinschaftung von Schulden:

Es geht nicht, dass sozusagen die Schulden vergemeinschaftet werden.

Sie bekräftigte aber, dass Deutschland mehr in den EU-Haushalt einzahlen müsse - ohne eine Größenordnung zu nennen. 2018 überwies Berlin 13,4 Milliarden Euro mehr an die EU als Deutschland über EU-Programme aus Brüssel zurückbekam.

Auch von der Leyen will bei ihrem Vorschlag für den geplanten "Recovery Fund" den EU-Haushalt nutzen, denn nur der sei das allgemein akzeptierte und geeignete Instrument. Sie deutete auch bereits an, was sie vorhat: Sie will Spielräume im EU-Haushaltsrahmen ausweiten und für Garantien nutzen, um damit am Kapitalmarkt Schulden aufzunehmen und in den Wiederaufbau zu stecken. Das soll teils als Zuschuss an die Krisenländer gehen, teils als Kredite. Da müsse man die richtige Balance finden, sagte die Kommissionspräsidentin.

Die Chefin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, drängte die Staats- und Regierungschefs zur Eile. Im schlechtesten von drei Szenarien könnte das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone dieses Jahr um 15 Prozent schrumpfen, sagte Lagarde nach Angaben von Teilnehmern beim Gipfel. Sie warnte vor einer zu kleinen und zu langsamen Reaktion. Die Antwort müsse vielmehr schnell, entschlossen und flexibel ausfallen.

EU-Ratschef Charles Michel betonte den konstruktiven Geist und den Willen zum gemeinsamen Handeln. Auch Merkel sagte, man habe unter den Staats- und Regierungschefs sehr offen «und trotzdem im Geist der Zusammenarbeit» miteinander beraten.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erwartet dennoch schwierige Diskussionen. «Es gibt Meinungsverschiedenheiten», sagte Macron nach dem Gipfel und sprach von einigen "sehr harten Positionen". Es werde große Hilfsprogramme brauchen, "eine solidarische, organisierte und starke Antwort". Besonders betroffene Branchen und Regionen müssten nicht nur Darlehen bekommen, sondern vielmehr Transferleistungen. Dazu gebe es aber noch keine Einigkeit:

Wenn wir einen Teil Europas fallen lassen, wird ganz Europa fallen, warnte Macron.

Frankreich hatte sich zusammen mit Italien und Spanien lange für sogenannte Corona-Bonds eingesetzt, doch Deutschland, die Niederlande und andere sagten Nein. Die Lösung mit dem Wiederaufbau-Fonds könnte einen Kompromiss ermöglichen. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte zeigte sich sehr zufrieden mit "großen Fortschritten" beim Gipfel. Sein Finanzminister Roberto Gualtieri sprach auf Twitter von einem Erfolg für Italien.

Ob die Details des Fonds und der nächste siebenjährige EU-Finanzrahmen rechtzeitig vereinbart werden können, ist aber unklar. Von der Leyen brachte eine Übergangslösung ins Spiel, falls das Gesamtpaket nicht rechtzeitig gelingt.

Die EU-Finanzminister hatten vor zwei Wochen nach ebenfalls sehr harten Verhandlungen das nunmehr endgültig gebilligte Paket mit Kredithilfen im Wert von bis zu 540 Milliarden Euro geschnürt. Es soll nun zum 1. Juni verfügbar sein. Es enthält drei Punkte - europäische Hilfen für Kurzarbeiter, Unternehmenskredite der Europäischen Investitionsbank und vorsorgliche Kreditlinien für die Gesundheitsfolgen der Pandemie in Krisenstaaten wie Spanien oder Italien.

(rt/dpa)