Oberstes Gericht der Niederlande lässt aktive Sterbehilfe auch bei Demenzkranken zu

Aktive Sterbehilfe ist nach einem höchstrichterlichen Urteil in den Niederlanden auch bei demenzkranken Patienten zulässig. Die Entscheidung des Hohen Rats in Den Haag wird als wegweisend für die weitere Legalisierung der Euthanasie in den Niederlanden bewertet.

In den Niederlanden ist aktive Sterbehilfe gestattet, wenn ein Patient aussichtslos krank ist, unerträglich leidet und mehrfach darum gebeten hat. In dem EU-Land haben selbst an Demenz leidende Patienten das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben. Hierfür muss eine schriftliche Patientenfügung vorliegen. Dies geht aus einem Urteil hervor, das der Hohe Rat in Den Haag am Dienstag gefällt hat.

Die Richter betonten dabei, dass Ärzte sehr sorgfältig nach dem Gesetz handeln müssen. Demnach kann ein Arzt das Sterbehilfeersuchen erfüllen, wenn alle Anforderungen des Gesetzes über Sterbehilfe erfüllt sind. Dabei empfiehlt das oberste Gericht des Landes, in strittigen Fällen gemäß der bereits üblichen Praxis nicht einen, sondern zwei unabhängige Ärzte zurate zu ziehen. 

Der Hintergrund der höchstrichterlichen Entscheidung war ein umstrittener Fall von Sterbehilfe bei einer 74-jährigen Frau. Eine Ärztin hatte im Jahr 2016 in einem Pflegeheim bei der schwer demenzkranken Patientin aktive Sterbehilfe geleistet. Die Frau hatte zwar schriftlich erklärt, dass sie im Fall unerträglichen Leidens aufgrund der Demenz sterben wolle. Doch zum Zeitpunkt der Prozedur war sie nicht mehr ansprechbar und gab Signale, dass sie leben wollte.

Die Ärztin wurde von dem Vorwurf des Mordes freigesprochen. Anschließend forderte die Staatsanwaltschaft vom obersten Gericht der Niederlande ein Grundsatzurteil. Der richterliche Beschluss wurde nun vom Hohen Rat in Den Haag bestätigt.

Im Jahr 2019 gab es 6.361 Fälle von aktiver Sterbehilfe in den Niederlanden. Zwei Patienten litten dabei an schwerer Demenz.

In Deutschland machte das Bundesverfassungsgericht Ende Februar durch ein wegweisendes Urteil eine Neuregelung der Sterbehilfe möglich, indem die Karlsruher Richter das Recht des Einzelnen auf ein selbstbestimmtes Sterben feststellten. Dies schließe die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen, hieß es in dem Urteil. Allerdings bleibt in Deutschland, anders als in den Niederlanden, aktive Sterbehilfe – also Tötung auf Verlangen – verboten. Bei der assistierten Sterbehilfe wird das tödliche Medikament nur zur Verfügung gestellt, der Patient nimmt es selbst ein. 

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(dpa/rt)